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(Arco und Kunigunde)

Einst in den Auen der Burgund,

in einem schönen Garten

erging sich Fräulein Kunigund

den Liebsten zu erwarten.

Erst gestern hat Graf Delacour

gelobt mit heißem Liebesschwur,

betört von süßen Träumen,

gewißlich nicht zu säumen!


Die Dame voller Ungeduld

klapp klapp drang’s her vom Schlosse,

fährt auf: horch da!
mit neuer Huld
sich wendet nach dem Rosse,

das ach! den Heißersehnten bringt
:
„Willkommen!“ ruft das Fräulein, dringt

in ihn, sich zu erwarmen,

in ihren weichen Armen.


Der Graf, er schwingt sich schnell vom Roß

mit feierlichen Zügen;

„Mein teurer Freund! Welch schönes Los

an Amors Brust zu fliegen!“

Indes der Freund, mit stillem Harm

schließt Kunigunden in den Arm:

„Muß fort von hier! Muß eilen,

kann länger nicht verweilen!“


„Was ist dir, Liebster, was, sag an,

bedeuten deine Worte?“

„Daß ich nicht länger bleiben kann

an diesem Friedensorte!

Denn nach dem fernen Morgenland

das Kreuz zu fah’n vor Heidenhand

in ritterlichen Mühen

verlangt es mich zu ziehen!“


„Willst fort von hier?“ die Holde sprach

nun flehend unter Tränen,

„und ich soll hier, in Harm und Schmach

in heißem Streit dich wähnen?

Gibst Cupido dem Mars du hin?

Verirrt, verworren ist dein Sinn!“

„O könntest du verstehen,

mein Sehnen und mein Gehen!“


„Und willst“, so fuhr Feinsliebchen fort,

„auf ewig mich verlassen?“

„Hab‘ Ruh‘, mein Herz, ich will ja dort

kein‘ neue Braut umfassen!“

„Und wenn du nun nicht wiederkehrst?

Dein Antlitz ewig mir verwehrst?“

„Das mag ein Gott verhüten!“

„Ach, Liebster, laß dich bitten!“


„Mein Herz kann nun nicht mehr zurück,

dem König ist’s verpfändet,

doch hat mein Herz den Schwur vom Glück

nicht frevlen Sinns gewendet!“

„Und dennoch ziehst du von mir fort?“

„Mein Herz, ich muß! Ich gab mein Wort!“

„Weh! Zwei hast du gegeben!“

„O laß mich ziehn, mein Leben!“


Nun wandte sich gestrengen Sinns

die Dame nach dem Ritter:

„Ob rauhen, blutigen Gewinns

der lieblos, leer und bitter,

läßt du mein Herz verwaist zurück!“

und strebt mit wildem Zornesblick

dem Grafen zu entfliehen:

„Ach, Liebchen, laß mich ziehen!“


Die zürnende Geliebte war

indessen schon enteilet,

es stand der Ärmste einsam da,

die Brust war ihm zerteilet!

Und Tränen standen ihm im Blick:

„Ich komm, ich komm bestimmt zurück!

Ich schwöre es, beim Leben!

Ich hab
mein Wort gegeben!“

Und es verging so manches Jahr,

der Graf, er kam nicht wieder,

und vor dem Schloß, ein blühend Paar

schritt scherzend auf und nieder.

Zwei Kindlein sprangen ringsumher!

Welch ruhig Glück! und nimmermehr

gedachten sie des Fernen,

der unter fremden Sternen.


Auf einmal kömmt auf stiller Bahn

ein Zug mit heil’gem Reize,

und Ritter ziehen ihm hinan

mit flammend rotem Kreuze.

Dahinter ruht auf stiller Bahr‘,

der wohl einst ihresgleichen war,

die Brust durchbohrt, die rote,

das Antlitz bleich im Tode!


„Sieh jene Ritter, die dort ziehn“,

die Dame spricht zum Gatten,

„ich will sie fragen, was geschehn,

dir flugs Bericht erstatten!“

Rasch eilt sie auf die Reuter zu,

gewahrt den Leichnam gleich im Nu,

und spricht mit scheuem Flehen:

„Ihr Herrn, was ist geschehen?“


„Vom Sarazen
, den wir bekriegt,
so kehren wir itzt wieder!

Denn unter Kreuz und Schwerte liegt

Jerusalem darnieder!

Auch jener dort, den Gott gericht
,
er fehlte nimmer seiner Pflicht,

und hat, getreu, sein Leben,

für Christum hingegeben!“


Und ahnend die Erschrockne steht

itzt vor den Rittern allen,

„Ihr Herren“, ruft sie aus, „gesteht –

wer ist es, der gefallen?“

„Ein Held, der auch im Tode nicht,

vergaß, was seine Ehrenpflicht,

dem teuer war der Name,

noch sterbend seiner Dame!“


Die Bange schlägt das Kreuz sogleich

und flüstert leise: „Amen“! –
„Ihr Ritter“, ruft sie schreckensbleich,
„wohlan, ihr Herrn, den Namen ...!“
Und in des Antlitz
edler Spur,
erkennt sie schaudernd Delacour
der ihrer, Kunigunden,
gedacht in letzter Stunden!

Die Unglückliche weinend sinkt
dem Leichnam hin zu Füßen,
ihn still mit heißen Zähren tränkt,
ihn überströmt mit Küssen;
erkennt in ihrer Tränen Flut,
daß ihres Lebens höchstes Gut
gleich einer wilden Taube
dem Falken ward zum Raube!

Zuletzt ergreift sie seine Hand,
und schluchzt: „O weh mir Armen!
Die Liebe hab‘ ich nicht erkannt,
o Gott, so hab‘ Erbarmen!“
Die Ritter traten stumm zurück,
und legten das zerbrochne Glück
zu ihren Füßen nieder! –
und kehrten niemals wieder!



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