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Der Amsel süßes Minnelied
erwacht im Uferstrauch;
die Waldeshöhe rings erglüht    
im ersten Rosenhauch.
Ein zarter Morgennebelduft
entsteigt der grünen Flut,
umdämmert von der Felsenkluft
die noch in Schatten ruht!

Durch goldbesäumte Tannen bricht 
der erste Sonnenstrahl;
bald steht, in hellem Morgenlicht
entflammt das ganze Tal.
Es wiegt der See im stillen Kranz
sich grüner Bergeshöhn,
und spiegelt mit kristallnem Glanz
das Himmelszelt so schön!

Wie Edelstein bestreuen Sand
und Kieseln, kunterbunt,
am sanft bespülten Uferrand
den klaren Flutengrund;
wo eine alte Esche sich 
von dichtem Moos umwallt
im Flutenspiegel inniglich
an Trümmerfelsen krallt.

Weit jenseits, wo in stillem Blühn 
das Seegestade träumt
und aus beschirmtem Erlengrün  
des Grießbachs Woge schäumt,
birgt, unter Buchen halb versteckt,
sich einer Mühle Dach
von Efeuranken überdeckt
am hellen Waldesbach!

Und wandert gar den Pfad entlang
man bis ins Tal hinein,
schließt rings der grüne Felsenhang
den Grießbachkessel ein.
Die Wasserstürze rauschen hell,
und aus dem Eis hervor
entströmt des Baches reiner Quell
dem kühlen Gletschertor!

Hier schlängelt leise murmelnd er
durch moosigtes Gestein;
dort hüllen treu ihn ringsumher
beblümte Matten ein.
Bald säumen dunkle Tannen ihn,
wenn er durch Schluchten rollt;
bald funkelt er durchs Ufergrün
und glänzt wie blankes Gold.

Bei jener alten Mühle, wo
er in den See enteilt,
da hab’ ich manche Stunde froh
in Seligkeit verweilt! –
Da hab’ den süßen Weisen, ach
der Vöglein ich gelauscht,
bis in den Wipfeln mannigfach
der Wind des Abends rauscht.

Der Amsel süßes Wiegenlied
verweht im tiefen Tal;
ringsum an allen Höhn verglüht    
der letzte Sonnenstrahl!
Von zartem Abendnebelduft
liegt still der See behaucht,
als schauernd an der Felsenkluft
das Tal in Schatten taucht!



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