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Lieder aus der Waldeinsamkeit

I. Holderbusch, wie träumst so stille
II. Langsam flimmern die Gestirne
III. Droben bei dem Tannenwalde
IV. Müde will die Sonne scheiden
V. Weißt du noch, am Seegestade
VI. O du stillvertrautes Plätzchen
VII. Lindenbaum im grünen Tale
VIII. ...
IX. ...
X. ...
XI. ...
XII. ...

I.

Holderbusch, wie träumst so stille
du im Sommersonnenschein,
blühest zart, in Duft und Fülle
dort am grünen Wiesenrain.

Finde ich in deiner Laube
mich als stiller Schläfer ein;
ach, dann sink’ ich hin, und glaube
in Arkadien zu sein.

Bienen summen in den Lüften,
schwärmen um dein Blütenzelt;
ich zerfließe rings in Düften
und vergesse ganz der Welt!

Junischwül, in reicher Fülle
dämmerst du am Blütenhag,
Holderbusch, und träumst so stille
in den heißen Sommertag.

II.

Langsam flimmern die Gestirne
auf am nächt’gen Himmelsflor;
über silberbleiche Firne
schwebt so still der Mond empor!

An den Höhen wallen Schleier
märchenschön im Mondenschein,
dicht und schimmernd hier, dort freier,
um des Berges Felsenreih’n.

Stehst vielleicht auch du mit Freude
auf der Wacht, mein Mädchen du? ‒
Und wir sehen alle beide
nun denselben Sternen zu? ‒

Liebchen, bin ich auch so ferne
ach, so weit und fern von dir:
sieh zum Himmel, und die Sterne
flüstern einen Gruß von mir!

III.

Droben bei dem Tannenwalde,
ruht, von Dorn und Moos besäumt,
einsam eine Trümmerhalde,
halb verwunschen, halb verträumt.

Nur die Ältesten der Alten
haben noch die Zeit gekannt,
als, wo jetzt nur Trümmer walten,
einst ein altes Wirtshaus stand.

Sang und Scherz sind längst verklungen,
Tanz und Spiel im Wind verhallt;
Greise wurden aus den Jungen,
und was jung war, wurde alt.

Nur mehr öde Mauertrümmer
künden von der alten Zeit! ‒
jene Tage kommen nimmer,
nimmermehr in Ewigkeit!

IV.

Müde will die Sonne scheiden,
und der Tag zur Rüste geh’n;
hinter schattendunklen Weiden
flammen hell die Waldeshöh’n.

Mild umfächelt Abendröte
Mühlenteich und Wiesensaum;
weht der Klang der Hirtenflöte
her vom alten Ulmenbaum.

Auf des Dorfes Anger finden
Mädchen um den Baum sich ein,
schließen einen Kreis und winden
lustig drum den Ringelreih’n.

Jugend, o du wunderhelle,
freue dich an Spiel und Tanz! ‒
allzuschnell, ach allzuschnelle
welkt der schöne Jungfernkranz.

V.

Weißt du noch, am Seegestade
jene Bank dort unterm Baum?
Wo wir auf vertrautem Pfade
w
andelten, halb wie im Traum?

Als du plötzlich, still-beklommen,
Abschied nahmst, nach Haus zu geh’n,
wollte ich gleich mit dir kommen,
und du ließest es gescheh’n.

Bei verliebten Tändeleien
kam es irgendwann heraus:
heute Nacht, so sprachst du, seien
deine Eltern nicht zu Haus.

Niemals ward an deinem warmen
Herzen süß’re Lust geübt;
niemals hab’ in meinen Armen
ich ein Mädchen so geliebt.

VI.

O du stillvertrautes Plätzchen
dort am kühlen Waldesbach,
wo ich mich mit meinem Schätzchen
einst verweilt gar mannigfach.

Händchenhaltend unterm großen
Erlenbusch, mit keckem Mut,
steckten wir die nackten, bloßen
Füße in die klare Flut.

Hold umrahmten braune Löckchen
Augen voller Poesie,
und aus dem geblümten Röckchen
sah das nackte, runde Knie!

Hochzeit hielt mein junges Schätzchen
längst mit einem andern, ach! ‒
o du stillvertrautes Plätzchen
dort am kühlen Waldesbach.

VII.

Lindenbaum im grünen Tale,
stehst so kühn und frei im Feld;
hehr umglänzt vom Morgenstrahle,
wie aus alter Zeit ein Held.

Manche Mären, manche Sagen
hört man noch im Volke geh’n:
wie in grauer Vorzeit Tagen
Kaiser Karl du schon geseh’n.

Wer zählt all die fremden Namen,
deiner Rinde eingeprägt? ‒
mit dem Herzen drum als Rahmen,
die dein Stamm geduldig trägt? ‒

Immer noch sieht man dich stehen,
gleichend einem Heldenmal;
einmal mußt auch du vergehen,
Lindenbaum im grünen Tal!



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