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Gefallen war im Morgenland
die Heidenfeste von der Hand
der kühnen Ritterscharen; 
und auf den Wällen Akkons wehn
die Christenbanner von den Höh’n,
die Mauern zu bewahren.
Sieh, wie vor allen Helden glänzt,
der Herzog Östreichs, ruhmbekränzt!

Da tritt mit einem Mal hervor
aus der Kreuzfahrer dichtem Chor
gar grimmig Englands König;
„Wie, Falscher!“, ruft er, „wagt Ihr nun,
es einem König gleichzutun?
Fürwahr, dies ziemt Euch wenig!“
Des Herzogs Banner faßt er keck
und wirft es höhnend in den Dreck.

„Ha! Rast Ihr, Bube?“, ruft abhold
nun Östreichs Herzog Leopold,
genannt der Tugendhafte;
„Des seid gewiß, Herr Löwenherz,
mein Racheschwur lohn’ Euch den Schmerz
den Euer Hohn mir schaffte!“
Zum Strande geht er, tritt an Deck
zieht rasch vom Heidenland hinweg!

Auch Englands König schifft sich ein
doch spült der Sturm den Kahn, o nein!
an fremden Lands Gestade!
So zieht er denn in Pilgertracht
landauf, landab, gar manche Nacht,
geht irr auf rauhem Pfade!
Durch fremde Marken muß er ziehn,
wallt endlich in die Stadt zu Wien.

In einer Herberg’ weilt der Gast,
zur Weiterfahrt nach kurzer Rast
zahlt er mit blankem Preise!
„Ei sieh“, sinnt da der schlaue Wirt,
„die Münz’ dünkt mich gar reich verziert
nach morgenländ’scher Weise!
Wie, daß ein armer Pilgersmann
mit solcher Münz’ bezahlen kann?“ 

Der list’ge Weinzapf sendet hin 
gar heimlich in der Stadt zu Wien
zu Leopolds Getreuen;
die Häscher nahn und fahen ihn,
noch eh’ er darauf sinnt zu fliehn,
sich glücklich zu befreien.
Der Herzog, in der Pilgertracht
erkennt gleich König Richards Macht!

„Ha! Englands König!“, ruft er aus.
„Führt Richard Löwenherz hinaus,
nun soll die Tat er büßen!
Gedenkt, o Tor, wie Ihr ohn’ Not
mein Banner warfet in den Kot
vor Akkon mir zu Füßen!
Nun auf! gen Dürnstein ihn gebracht,
damit er dort im Kerker schmacht’!“

Im fernen Albion indes
da ward die Sorge trüb und bös’
um den geliebten König!
Der eine sprach: „Der Herr ist tot!“
ein andrer: „fern von hier in Not!“,
doch ach! man wußte wenig.
Des Königs Spielmann Blondel doch
nährt treue Hoffnung, still annoch! 

„Dies ist nicht König Richards Art,
daß ihn der Tod ereilet hat“,
spricht er, „mag ich nicht glauben;
gewiß sitzt er an fremdem Strand
und schmachtet dort in Feindeshand,
ihn schändlich zu berauben!
Ich will nun in die Fremde ziehn, 
nach meinem König fahn in Müh’n!“

Die Laute hängt er noch sich um,
sein Saitenspiel und Heiligtum
des Königs treuer Sänger;
dann zieht das Land er auf und ab
durchmißt die Welt am Wanderstab,
die Frist währt lang und länger;
und hoffnungsreich, vor jedem Bann,
schlägt er des Königs Weise an.

Vergeblich zieht er für und für
und schlägt die Laute vor der Tür
nach altbekannter Weise;
doch nirgendwo blüht ihm das Glück
daß sanft sein Lied ihm tönt zurück
auf jener langen Reise!
Der treue Spielmann strebt hinfort,
von Stadt zu Stadt, von Ort zu Ort.

Und eines Tags, der Sänger fand
ein Städtchen in des Herzogs Land
zu Dürnstein ward’s geheißen;
der Spielmann zog durchs Stadttor ein,
die Feste lag im Abendschein,
und sang dort seine Weisen.
Zuletzt noch vor dem Kerkerbann
da schlägt er seine Laute an!

Es strömet ihm des Königs Lied
das treulich ihm im Herzen blüht
gar brünstig von der Lippe;
und horch! ach horch! im Kerker dort
vernimmt er das vertraute Wort
im hohlen Steingerippe!
Die Weise, sie klingt fort und fort
aus jener Mauern finstrem Ort!

„O Herr! Ach Herr! O König mein!“, 
fällt tränenreich der Sänger ein,
„seid Ihr es, mein Gebieter?“ – 
„O Blondel, treuer Sänger mein
so soll ich denn gerettet sein,
durch Gott, den treuen Hüter!“
Und beide weinten, stumm vor Glück
die Zähren diesem Augenblick! 

„O Richard, guter König mein
Ihr sollt nun bald befreiet sein,
zum Heil von Englands Krone;
das Volk ist treu und liebet Euch,
in tiefer Trauer liegt das Reich,
Euch zu verdientem Lohne!
Gott schütze Euch, o König mein:
nun möget Ihr unsterblich sein!“



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