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271

 

Der Mensch ist Gottes unwürdig, aber er ist nicht außerstande, seiner würdig gemacht zu werden.

Es ist Gottes unwürdig, sich dem elenden Menschen anzuschließen, aber es ist Gottes nicht unwürdig, ihn aus seinem Elend zu befreien.

 

272

 

Beweis.

 

Weissagung und deren Erfüllung.

Was Jesus Christus vorausgegangen und was nach ihm gekommen ist.

 

273

 

Quelle der Widersprüche.

Ein gedemütigter Gott bis zum Tode am Kreuz. Zwei Naturen in Jesus Christus. Zwiefaches Erscheinen [1]. Zweierlei Zustände der menschlichen Natur. Ein durch seinen Tod über den Tod triumphierender Messias. 

 

274

 

An Port Royal. Für morgen [2]

 

[Da er jenen, die ihn von ganzem Herzen suchen, unverhüllt erscheinen wollte, und verborgen jenen, die ihn von ganzem Herzen fliehen, hat Gott] die Erkenntnis seiner selbst auf eine Weise ausgeglichen, daß er jenen, die ihn suchen, sichtbare Zeichen von sich gegeben hat, nicht aber jenen, die ihn nicht suchen.

Es gibt genügend Erleuchtung für diejenigen, die nur zu sehen verlangen, und genug Unklarheit für jene, welche eine gegensätzliche Neigung haben.

 

275

 

Daß Gott sich verbergen wollte.

Wenn es nur eine Religion gäbe, wäre Gott dadurch allzu offenbar.

Wenn es nur in unserer Religion Märtyrer gäbe, desgleichen.

 

Da Gott folglich verborgen ist, ist jede Religion, die nicht lehrt, daß Gott verborgen ist, nicht wahrhaftig. Und jede Religion, die darüber keinen Grund liefert, ist nicht belehrend. Die unsere leistet all dies. VERE TU ES DEUS ABSCONDITUS [3].

 

276

 

Die heidnische Religion ist ohne Grundlage (heutzutage. Man sagt, daß sie ehemals eine solche durch die Orakel gehabt habe, die Dinge verkündet haben. Aber welche Bücher geben uns davon zuverlässig Zeugnis? Sind sie durch die Tugend ihrer Verfasser so glaubwürdig? Sind sie mit solcher Sorgfalt bewahrt, daß man sich vergewissern kann, daß sie nicht verfälscht sind?)

Die mohammedanische Religion besitzt als Grundlage den Koran und Mohammed. Aber ist dieser Prophet, der die letzte Hoffnung der Welt sein sollte, vorhergesagt worden? Und welches Kennzeichen hat er, das nicht auch jeder andere Mensch hätte, der sich Prophet nennen will? Welche Wunder behauptet er selbst gewirkt zu haben? Welches Geheimnis hat er gemäß seiner eigenen Überlieferung gelehrt? Welche Moral und welche Glückseligkeit [4]?

Die jüdische Religion muß hinsichtlich ihrer hagiologischen Überlieferung und ihrer völkischen Überlieferung unterschiedlich betrachtet werden. Ihre Moral und ihre Seligkeit sind lächerlich in der völkischen Überlieferung [5], aber sie sind bewundernswert in jener Überlieferung ihrer Heiligen. Ihre Grundlage ist bewundernswert. Es ist das älteste und zuverlässigste Buch der Welt, und während Mohammed, um seinem Volk Bestand zu verleihen, dasselbe zu lesen verboten hat, hat Moses, um seinem Volk Bestand zu verleihen, jedermann angeordnet, es zu lesen [6]. Und mit der gesamten Religion verhält es sich ebenso, denn die christliche ist in den heiligen Büchern und bei den Kasuisten [7] höchst unterschiedlich.

Unsere Religion ist so göttlich, daß eine andere göttliche Religion [8] nur deren Grundlage hat.

 

277

 

Einwand der Atheisten.

 

„Aber wir besitzen keine Einsicht.“

 

[XX] DASS DAS GESETZ SYMBOLISCH WAR

 

278

 

Gleichnis.

 

Das Schicksal des jüdischen und ägyptischen Volkes ward deutlich durch jene beiden bestimmten Personen vorausgesagt, denen Moses begegnete: den Ägypter, der den Juden schlug, woraufhin Moses diesen rächte und den Ägypter erschlug, und den Juden, der darüber undankbar war [9].

 

279

 

Symbolisches.

 

Sieh zu, daß du alles genau nach dem Urbild verfertigst, das ich dir auf dem Berge gezeigt habe [10]. Worüber der Apostel Paulus sagt, daß die Juden die himmlischen Dinge [11] nur abkonterfeit haben.

 

280

 

Gleichnis.

 

Die Propheten weissagten durch Gleichnisse vom Gürtel, vom verbrannten Bart und Haaren [12] usw. 

 

281

 

Symbolisches.

 

Schlüssel der Geheimschrift [13].

 

Veri adoratores. Ecce agnus dei qui tollit peccata mundi [14].

 

282

 

Symbolisches.

 

Diese Begriffe wie Schwert, Schild, potentissime [15].

 

283

 

Wer den Sinn der Heiligen Schrift wiedergeben will und ihn nicht der Heiligen Schrift entlehnt, ist ein Widersacher der Heiligen Schrift. Augustinus, De doctrina christiana [16].

 

284

 

Zweierlei Irrtümer: 1. Alles wörtlich nehmen. 2. Alles im übertragenen Sinne nehmen.

 

285

 

Gleichnisse.

 

Jesus Christus öffnete ihren Geist, um ihnen die Schriften zu erschließen [17].

Zwei große Offenbarungen sind diese hier: 1. Alle Dinge wurden ihnen durch Gleichnisse [18] dargelegt. Vere Israelita [19], Vere liberi [20], Wahres Brot des Himmels [21].

2. Ein gedemütigter Gott bis zum Kreuze. Christus mußte leiden, um in seine Herrlichkeit einzugehen. Er mußte den Tod durch seinen Tod besiegen [22]. Zweierlei Arten des Auftretens [23].

 

286

 

Wider jene [24] auftreten, die den Symbolen eine allzu große Bedeutung beimessen.

 

287

 

Um den Messias für die Guten kenntlich und für die Bösen unkenntlich zu machen, hat Gott ihn auf diese Weise vorhersagen lassen. Wenn die Art [für das Auftreten] des Messias deutlich vorausgesagt worden wäre, so wäre daran selbst für die Bösen überhaupt nichts Unklares gewesen. Wenn die Zeit unklar verkündet worden wäre, so wäre daran sogar für die Guten etwas Unklares gewesen, (denn die Güte ihres Herzens) hätte sie nicht begreifen lassen, daß zum Beispiel das Mem [25] sechshundert Jahre bezeichnet. Aber die Zeit ist klar und die Art [seines Auftretens] in Gleichnissen verkündet worden.

Durch dieses Mittel gehen die Bösen irr, indem sie die verheißenen Güter für materielle ansehen, ungeachtet der klaren Verkündigung der Zeit, und die Guten gehen nicht irr, denn das Verständnis für die verheißenen Güter hängt vom Herzen ab, welches gut nennt, was es liebt, aber das Verständnis für die verheißene Zeit hängt keineswegs vom Herzen ab. Und so verwirrt die klare Verkündigung der Zeit und die unklare Verkündigung der Güter nur die Bösen allein.

 

288

 

Die im Fleische lebenden Juden verstunden weder die Größe noch die Erniedrigung des in ihren Prophezeiungen verkündeten Messias. Sie haben ihn in seiner verkündeten Größe verworfen, wie etwa, wenn er sagt, daß der Messias der Herr Davids sei, obwohl er dessen Sohn ist [26]; und daß er ist, noch ehe Abraham war, und daß er ihn gesehen habe [27]. Sie glaubten nicht, daß er so groß sei, daß er ewig wäre, und sie haben ihn gleichermaßen bei seiner Erniedrigung wie bei seinem Tode verworfen. Der Messias, so behaupteten sie, währt ewiglich, und dieser hier behauptet, daß er sterben wird [28]. Sie glaubten also weder, daß er sterblich noch daß er ewig sei, sie suchten in ihm nur eine fleischliche Größe. 

 

289

 

Widerspruch.

 

Man kann nur zu einer guten Wesensbestimmung gelangen, wenn man alle unsere Widersprüche in Einklang bringt, und es genügt nicht, einer Abfolge von übereinstimmenden Eigenschaften zu folgen, ohne die widersprüchlichen damit in Einklang zu bringen. Um den Sinn eines Autoren zu verstehen, muß man alle widersprüchlichen Stellen in Einklang bringen.

Um also die Heilige Schrift zu verstehen, bedarf es eines Empfindens, in welchem alle widersprüchlichen Stellen harmonieren. Es genügt nicht, einen Sinn zu haben, der mehreren übereinstimmenden Stellen entspricht, sondern einen, der sogar mit den widersprüchlichen Stellen korrespondiert.

Jeder Autor besitzt einen Sinn, in welchem alle widersprüchlichen Stellen harmonieren, oder er hat überhaupt keinen Sinn. Man kann dergleichen nicht von der Heiligen Schrift und den Propheten behaupten: sie hatten gewiß übergenug des rechten Sinnes. Man muß also einen suchen, der alle Widersprüche in Einklang bringt.

Der wahrhafte Sinn ist also nicht jener der Juden, vielmehr befinden sich in Jesus Christus alle Widersprüche in Harmonie. Die Juden wissen das von Hosea geweissagte Ende des Königtumes und der Fürstenherrschaft nicht mit der Prophezeiung des Jakob [29] in Einklang zu bringen.

Wenn man das Gesetz, die Opfer und das Königreich für etwas Gegenständliches hält, kann man nicht alle Stellen miteinander in Einklang bringen. Es ist daher zwingend notwendig, daß sie nur Symbole sind. Man weiß sogar nicht einmal die Stellen ein- und desselben Autors, noch desselben Buches, ja zuweilen nicht einmal desselben Kapitels in Einklang zu bringen, was nur zu deutlich die Absicht des Autors bezeichnet; wie etwa, wenn Ezechiel in Kapitel XX sagt, daß man nach den Geboten Gottes leben solle, und daß man nicht darnach leben solle [30].

 

290

 

Es war keineswegs erlaubt, außerhalb von Jerusalem, das der vom Herrn erwählte Ort war, Opfer darzubringen, nicht einmal, anderswo vom Zehnten [31] [der Abgaben] zu essen. Deuteronomium XII, 5 usw. Deuteronomium XIV, 23 usw.; XV, 20; XVI, 2-7-11-15.

Hosea hat verkündet [32], daß das Volk Israel ohne König, ohne Fürst, ohne Opfer usw., ohne Altäre sein würde, was sich heute erfüllt hat, weil es außerhalb von Jerusalem kein rechtmäßiges Opfer darbringen kann.

 

Gleichnis.

 

Wenn das Gesetz und die Opfer die Wahrheit sind, so muß diese Wahrheit Gott gefallen und ihm keineswegs mißfallen. Wenn sie Gleichnisse sind, so müssen sie zugleich gefallen und mißfallen.

Nun gefallen und mißfallen sie in der ganzen Heiligen Schrift. Es wird gesagt, daß das Gesetz sich ändern werde, daß das Opfer sich ändern werde, daß sie ohne König, ohne Fürsten und ohne Opfer sein werden, daß ein Neuer Bund geschlossen werde, daß das Gesetz erneuert werde, daß die Vorschriften, die sie erhalten haben, nicht gut seien, daß ihre Opfer abscheulich seien und daß Gott diese keinesfalls befohlen habe.

Es wird andererseits gesagt, daß das Gesetz ewig währen werde, daß dieser Bund ewig bestehen werde, daß das Opfer ewig sein werde, daß das Zepter niemals von ihnen weichen werde, da es sie nicht verlassen dürfe, ehe der ewigliche König komme.

Bezeichnen all diese Stellen [33] damit die Wirklichkeit? Nein. Bezeichnen sie damit überdies ein Gleichnis? Nein, sondern daß es entweder Wirklichkeit oder Gleichnis ist. Doch die ersten Stellen, welche die Wirklichkeit ausschließen, verraten, daß es sich nur um ein Gleichnis handelt.

All diese Stellen zusammen können nicht Äußerungen der Wirklichkeit sein. Alle können sie Äußerungen von Gleichnissen sein, also sind sie nicht Aussagen der Wirklichkeit, sondern von Gleichnissen.

Agnus occisus est ab origine mundi [34]. Juge sacrificium [35]. 

 

291

 

Ein Bildnis umfaßt Fernsein und Nahesein, Gefallen und Mißfallen. Die Wirklichkeit schließt Fernsein wie Mißfallen aus.

 

Gleichnisse.

 

Um zu erfahren, ob das Gesetz und die Opfer Wirklichkeit oder Gleichnis sind, muß man nachsehen, ob die Propheten, wenn sie von diesen Dingen sprachen, hier mit ihrem Blick und ihrem Gedanken innehielten, sodaß sie in ihnen nur jenen Alten Bund gesehen hätten, oder ob sie in ihnen etwas Anderes sehen, wofür diese Dinge ein Abbild waren, denn in einem Bildnis sieht man ja den abgebildeten Gegenstand. Man muß in Hinblick darauf nur untersuchen, was sie darüber sagen.

Wenn sie sagen, daß er ewig sein werde; wollen sie damit vom Bund sprechen, von dem sie behaupten, daß er verändert werde? Und ebenso von den Opfern usw.

 

Die Verschlüsselung hat einen doppelten Sinn. Wenn man einen wichtigen Brief in die Hände bekommt, worin man einen klaren Sinn vorfindet und worin es gleichwohl heißt, daß sein Sinn verschleiert und verdunkelt und auf eine Art und Weise verborgen sei, daß man diesen Brief sähe und doch nicht sähe, und daß man ihn verstünde und doch nicht verstünde – was soll man dann anderes denken, außer daß es sich um eine Geheimschrift mit doppeltem Sinn handelt? Und dies umso mehr, als man darin offene Widersprüche im buchstäblichen Sinne vorfindet. Die Propheten haben deutlich verkündet, daß Israel immer von Gott geliebt sein und daß das Gesetz ewig bestehen werde. Und sie haben verkündet, daß man ihren Sinn nicht verstehen und daß er verschleiert sein werde.

Wie sehr also muß man jene hochschätzen, welche uns diese Geheimschrift enthüllen und uns den verborgenen Sinn erkennen lehren, insbesondere, wenn die Grundsätze, welche sie daraus entnehmen, in jeder Hinsicht natürlich und klar sind. Das ist, was Jesus Christus und die Apostel getan haben. Sie haben das Siegel erbrochen. Er hat den Schleier zerrissen und den Geist offenbart. Zu diesem Zweck haben sie uns gelehrt, daß die Feinde des Menschen seine Leidenschaften seien, daß der Erlöser und seine Herrschaft geistiger Art sein werden, daß es zweierlei Erscheinungen geben werde, das eine Mal im Elend, um den hochgemuten Menschen zu demütigen, das andere Mal in Herrlichkeit, um den gedemütigten Menschen zu erhöhen, und daß Jesus Christus Gott und Mensch sein werde.

 

292

 

Die Zeit der ersten Ankunft ward vorhergesagt, die Zeit der zweiten nicht, da die erste verborgen sein, die zweite aber glanzvoll und so offenbar sein sollte, daß sogar seine Feinde ihn sogleich erkennen sollten; doch da er nur im Verborgenen kommen sollte und um allein von jenen erkannt zu werden, welche die Schriften durchforscht hatten ...

 

293

 

Was konnten seine Feinde, die Juden, tun?

Wenn sie ihn aufnehmen, so bezeugen sie ihn durch ihre Aufnahme, denn die Bewahrer der Messiaserwartung nehmen ihn auf, und wenn sie ihn verleugnen, so bezeugen sie ihn durch ihre Verleumdung [36].

 

294

 

Widersprüche.

Das Szepter bis zum Messias. Ohne König und ohne Fürsten [37].

Ewiges Gesetz, verändert [38].

Ewiger Bund, Neuer Bund [39].

Gutes Gesetz, schlechte Satzungen. Ezechiel, XX [40].

 

295

 

Die Juden waren an große und glanzvolle Wunder gewöhnt; und da sie also die Machttaten am Roten Meer und im Lande Kanaan gleichsam als einen Abglanz jener großen Dinge ansahen, die ihr Messias vollbringen sollte, erwarteten sie also von ihm noch glanzvollere, wovon jene des Moses gleichsam nur ein Probestück gewesen wären.

 





[1] Erstes Erscheinen: die geheimnisvolle Geburt Jesu Christi; zweites Erscheinen: seine herrliche Wiederkunft am Ende der Zeit. Siehe Fragment Nr. 291, 292 u. 305.

[2] Siehe Fragment Nr. 182.

[3] Jes, XLV, 15: „Wahrlich, du bist ein verborgener Gott“ (Übersetzung von Pascal im 4. der Briefe an Fräulein von Roannez, Gesammelte Werke, III, S 1036). Derselbe Brief verdeutlicht jene vier Arten, auf die Gott „sich verbergen wollte“: unter dem Schleier der Natur; unter dem Schleier der Menschheit in seiner Fleischwerdung; in den Gestalten des Brotes und des Weines in der Eucharistie; im buchstäblichen Sinn der Heiligen Schrift (siehe ebdt., S 1035-1037).

[4] Siehe Fragment Nr. 182 u. 251.

[5] Pascal spricht hier von den „fleischlichen Juden“ (Fragment Nr. 318, 321 usw.), die nur den irdischen Besitz lieben.

[6] Dtn, XXXI, 11: „Alle sieben Jahre am Laubhüttenfest des Erlaßjahres, wenn ganz Israel kommt, um vor dem Herrn, eurem Gott, an der von ihm erwählten Stätte zu erscheinen, dann sollt ihr dieses Gesetz vor Gesamtisrael laut vorlesen!“

[7] Die Kasuisten sind spezialisierte Theologen bei der Entscheidung in Gewissensfällen. Pascal hat in seinen Provinzialbriefen (1656-1657) die Kasuisten des Jesuitenordens mit Nachdruck als Schwächlinge dargestellt: sie sind in seinen Augen die „fleischlichen Christen“ (Fragment Nr. 319), die für den Neuen Bund das Gegenstück zu den „fleischlichen Juden“ des Alten Bundes bilden.

[8] Der Judaismus.

[9] Ex, II, 11-15. Der Heilige Augustinus kommentiert diese Stelle folgendermaßen: „Der Umstand, daß Moses den Ägypter erschlagen hat, obwohl Gott ihm dies nicht befohlen hat, wurde durch Gott mittels jener Persönlichkeiten, die als Symbole dienten, gerechtfertigt, um zukünftige Dinge im vorhinein darzustellen“ (Wider Faustus, XXII, 70). Was hier für Pascal jenseits der Befreiung des Volkes Israel aus der Versklavung durch die Ägypter angedeutet wird, ist die fortwährende Undankbarkeit Israels gegenüber Gott (vgl. Fragment Nr. 692), von der Anbetung des Goldenen Kalbes bis hin zur Ablehnung Jesu Christi.

[10] Ex, XXV, 40. Gott hat Moses auf dem Berge Sinai das Urbild jenes Heiligtumes gezeigt, das ihm herzustellen er von den Israeliten verlangt.

[11] Im Brief an die Hebräer, der lange Zeit dem Apostel Paulus zugeschrieben wurde, steht zu lesen: Jesus Christus ist im Himmel „der Hohepriester des Heiligtumes und jenes wahren Zeltes, das der Herr errichtet hat, nicht ein Mensch“ (VIII, 2), während die jüdischen Priester Gott auf Erden als „einem Sinnbild und Schatten der himmlischen Dinge dienen, so wie Moses von Gott jene Weisung erhielt, als er daranging, das Zelt aufzurichten: Sieh zu, daß du alles fertigst nach dem Urbild, das dir gezeigt ward auf dem Berge“ (VIII, 5). Siehe Fragment Nr. 667.

[12] Gürtel: Jer, XIII, 1-11; verbrannter Bart und Haare: Ez, V, 1-17.

[13] „Das Alte Testament ist eine Geheimschrift“ (Fragment Nr. 307), ein verschlüsselter Text, wozu das Neue Testament den Schlüssel an die Hand gibt.

[14] Joh, IV, 23: „Doch es kommt die Stunde, und schon ist sie da, in der die wahren Anbeter den Vater anbeten werden in Geist und Wahrheit.“ Joh, I, 29: Johannes der Täufer „sah Jesus auf sich zukommen und sprach: „Seht das Lamm Gottes, das hinwegnimmt die Sünde der Welt“.

[15] So viele Begriffe, welche das Alte Testament in Hinblick auf den Messias benutzt und die in einem bildhaften Sinne verstanden werden müssen. Ps XLV, 4 (XLIV, 4): „Allmächtiger Held, gürte dein Schwert um deine Hüfte.“ Siehe Fragment Nr. 493.

[16] Pascal überträgt hier eine Anmerkung über jene augustinische Schrift „Von der christlichen Lehre“ , die er in einer Randbemerkung der Triumphe der christlichen Religion, I, 7, einem 1628 veröffentlichten, apologetischen Werk des Franziskaners Johannes Fleischer (Jean Boucher) gefunden hat. (M. Le Guern).

[17] Es handelt sich hierbei um die Jünger von Emmaus (Lk, XXIV, 27 u. 32). Jesus Christus tritt hier als Gewährsmann und Meister der bildlichen Deutung auf.

[18] Paulus, 1Kor, X, 11. Ihnen: den Israeliten des Alten Testaments.

[19] Joh, I, 47: „Jesus sah den Nathanael zu sich herkommen und sagte zu ihm: „Seht, wahrhaft ein Israelit, an dem kein Falsch ist.“ Vere („wahrhaft“) unterscheidet die Wahrheit von jenem, was daran nur symbolhaft ist.

[20] Joh, VIII, 36: „Wenn also der Sohn euch frei macht, dann werdet ihr wahrhaft frei sein.“

[21] Joh, VI, 32: „Nicht Moses gab euch das Brot vom Himmel, sondern mein Vater gibt euch vom Himmel das wahre Brot.“

[22] Die drei letzteren Sätze sind jeweils zu vergleichen mit: Paulus, Phil, II, 8; Lk, XXIV, 26; liturgische Einleitung des Osterfestes und der Osterzeit („mortem nostram moriendo destruxit“: „durch seinen Tod hat er unseren Tod vernichtet“ – Quelle von Ph. Sellier).

[23] Siehe Fragment Nr. 273.

[24] Die Autoren, bei denen die symbolhaften Erklärungen der biblischen Gleichnisse „zu sehr an den Haaren herbeigezogen sind“ (Fragment Nr. 250).

[25] Siehe Fragment Nr. 303.

[26] Mt, XXII, 45.

[27] Joh, VIII, 56-58.

[28] Joh, XII, 34.

[29] Siehe Fragment Nr. 290 (Hosea) und Fragment Nr. 294 (Prophezeiung Jakobs).

[30] Ez, XX, 11 u. 25.

[31] Die Hebräer müssen den zehnten Teil der Erzeugnisse ihrer Sämereien und Bepflanzungen Gott weihen und zu seiner Ehre von ihnen essen.

[32] Hos, III, 4.

[33] Siehe Fragment Nr. 294 und, bezüglich des Opfers, Fragment Nr. 290, Anm. Nr. 392 und Fragment Nr. 693.

[34] „Das Lamm ward geschlachtet seit Grundlegung der Welt“ (Offb, XIII, 8).

[35] „Das ewige Opfer“ wird abgeschafft werden (Dan, XII, 11).

[36] Weil ja einerseits diese Verleumdung vorhergesagt wurde und da andererseits ihre Feindseligkeit aus ihnen „mustergültige Zeugen“ (Fragment Nr. 734) dessen macht, von dem die Prophezeiungen, deren Bewahrer sie sind, künden. Siehe Fragment Nr. 493, 646, 734 u. 738.

[37] Gen, XLIX, 10 (Prophezeiung des sterbenden Jakob): „Nicht weicht der Herrscherstab von Juda noch der Fürstenstab von seinen Füßen, bis der kommt, dem er gebührt und dem der Völker Gehorsam gehört“ (siehe Fragment Nr. 718, 719). In einem scheinbar widersprüchlichen Sinne Hos, III, 4: „Denn viele Tage werden die Söhne Israels einsam dasitzen ohne König und ohne Fürst, ohne Opfer und Weihestein, ohne Ephod und Teraphim.“

[38] Das Buch Leviticus spricht von „einem Gesetz, das immer vom ganzen Volk Israel befolgt werden würde“ (VII, 34) und von „einer religiösen Auferlegung, die von Geschlecht zu Geschlecht weitergegeben werden muß“ (VII, 36). In einem scheinbar entgegengesetzten Sinne verkündigen zahlreiche in Fragment Nr. 693 angeführte, biblische Texte, daß dieses Gesetz „sich durch den Messias verändern muß“ (Fragment Nr. 305).  

[39] In Gen, XVII, 7, spricht Gott zu Abraham: „Errichten will ich meinen Bund zwischen mir und dir und deiner Nachkommenschaft in ihren Geschlechtern; ein immerwährender Bund soll es sein, für dich und deine Nachkommen will ich Gott sein“ (lateinischer Text in Fragment Nr. 651). In einem scheinbar entgegengesetzten Sinne Jer, XXXI, 31: „Fürwahr, Tage kommen“ – Spruch des Herrn –, „da schließe ich mit dem Haus Israel und mit dem Haus Juda einen neuen Bund.“ 

[40] Das mosaische Gesetz ist sicherlich gut, wurde es doch von Gott gegeben, jedoch sagt dieser selbe Gott in Ez, XX, 25: „Indes hatte auch ich ihnen [den Kindern Israels] ungute Satzungen gegeben und Gebote, durch die sie das Leben nicht haben konnten.“ Diese verschiedenen „Widersprüche“ erklären sich, Pascal zufolge, durch die Existenz der beiden Sinnesebenen – der fleischlichen wie der geistigen – in der Heiligen Schrift und lösen sich durch deren sinnbildhafte Lektüre auf, die er diesbezüglich in Vorschlag bringt.



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