„Ha“, so mag angesichts dieses Titels manchereiner sogleich ausrufen, „da geht es wohl wieder einmal um die vielen Unwahrheiten, welche uns die Politiker vor den Wahlen stets auftischen!“ Grundsätzlich eine höchst naheliegende Vermutung – aber dennoch falsch gedacht! Derselbe Gegenstand ist wohl schon zur Genüge behandelt worden, sodaß wir heute zur Abwechslung einmal die Wählerseite etwas genauer erhellen wollen. Unsere Betrachtung gilt nämlich ausnahmsweise einmal nicht den vielen Lügen unserer Politiker – in ehrbareren Tagen pflegte man sie noch Staatsmänner zu nennen – sondern vielmehr jener großen Wahl-Lüge, mit der sich der Großteil unseres Volkes so bereitwillig selbst betrügt. Wie es sich damit verhält, wollen wir in den nachfolgenden Zeilen ein Näheres beleuchten.
Viele von uns haben wohl schon einmal jenes vielbemühte Argument gehört, ein verantwortungsvoller Kosmopolit und Staatsbürger müsse von seinem Wahlrecht Gebrauch machen: denn erstens sei es ein Privileg des Bürgers einer Demokratie [1], das man angesichts von Diktaturen sowie anderer Staaten, in denen ein solches Recht nicht bestünde, nicht hoch genug in Anschlag bringen könne; und zweitens hätte nur jener ein Anrecht auf politische Mitsprache, der sein Wahlrecht auch in gebührender Weise in Anspruch nehme; außerdem sei die Entscheidung des Nichtwählens sowieso die schlechteste aller Lösungen!
Dies sind im wesentlichen jene Argumente, die in Zusammenhang mit dem Wahlrecht von dessen eifrigsten Befürwortern so gerne ins Treffen geführt werden, wobei bereits hier der erste Irrtum vorwaltet, indem nämlich bloße Behauptungen für Argumente verkauft werden: denn es wäre wohl erst noch einer Begründung wert, weshalb man von seinem Wahlrecht Gebrauch machen solle, weshalb man zur politischen Mitsprache nur als Wähler berechtigt und weshalb die Entscheidung des Nichtwählens denn nun eigentlich die schlechteste aller Lösungen sei! Bei genauerem Hinsehen bemerken wir nämlich sogleich, daß diese eben in Wahrheit keine Argumente, sondern schlechterdings bloße Behauptungen sind, die bei einer näheren Betrachtung viel von ihrer vermeintlichen Wirkung verlieren!
Nun fällt ja sogleich ins Auge, daß unser heutiges „Wahlrecht“ vor einigen Jahrzehnten bis zu einem gewissen Ausmaß noch eine „Wahlpflicht“ war, wie eine solche in anderen Staaten unserer Erde bei bestimmten Wahlen zum Teil ja noch immer besteht: da „Pflicht“ streng genommen das genaue Gegenteil von „Recht“ meint, mutet es schon recht seltsam an, aus einer „Pflicht“ plötzlich ein „Recht“, also das genaue Gegenteil davon, zu machen, und schon hier wird der billige Kunstgriff augenfällig: denn in einer Demokratie (die zwar wieder nur eine vermeintliche ist) jemanden gleichsam zur politischen Wahl zu zwingen wäre ja wohl ein Widerspruch per se, und außerdem hören sich jene Worte ja doch wesentlich besser an, wenn jemand sagt: man hat ein Recht darauf zu wählen, als ob etwa jemand sagte: man hat die Pflicht zur Wahl, ergo man muß wählen! Mit diesem Kunstgriff gedachte man wohl zweierlei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen: denn erstens schaffte man damit jenen ersten Widerspruch einer „demokratischen Wahlpflicht“ aus der Welt, und zweitens wollte man dem Bürger wohl auch jene wohlklingende Botschaft vermitteln: man ist ein guter Staatsbürger, und ein guter Staatsbürger übernimmt Verantwortung, indem er zur Wahl geht, denn wir haben ein Mitbestimmungsrecht; wir selbst sind der Staat, also ihr Kinderlein kommet und machet von eurem Wahlrecht, der Mutter aller Demokratie, Gebrauch! Soweit zum ersten Punkt, und genügend Einfaltspinsel fallen auf diese Masche ja noch immer herein!
Was die politische Mitsprache betrifft, so bleibt zunächst festzuhalten: jeder, der seinen Staat durch sein soziales Engagement, seine moralische Kompetenz, seine Steuergelder und seine Arbeitskraft am Leben erhält und stützt, hat sich damit gleichsam ein Recht auf politische Mitsprache erworben: denn wie viele unserer selbstgerechten Wahlbefürworter fühlen sich doch ach! – wie groß und erhaben und glauben, ihren Dienst an Staat und Gesellschaft durch ein bloßes Kreuzchen auf dem Wahlzettel erfüllt zu haben! Man muß schon einen sehr geringen Begriff von kollektiver Verantwortung haben um wahrhaft zu glauben, mit einem Kreuzchen auf dem Papier sich seiner ganzen Verantwortung für Staat und Gesellschaft entledigt zu haben: doch ist dies freilich der einfachere Weg, einmal in ein paar Jahren für eine halbe Stunde zur Urne zu pilgern und sein Stimmlein abzugeben, wo weise und töricht gleichviel gilt, als Tag für Tag mit Zivilcourage und sozialem Engagement im öffentlichen Leben zu stehen und sich dafür, daß man die ganzen Gebrechen eines solchen Systems offenbart, auch noch tadeln zu lassen; wir werden im Nachstehenden noch näher darauf eingehen.
Was jenes Pseudoargument betrifft, die Entscheidung des Nichtwählens wäre die schlechteste aller Lösungen, so bekommt man darauf nur selten eine vernünftige Antwort: denn entweder gebraucht man dazu die beiden ersten Argumente, die, wie wir bereits nachgewiesen haben, eigentlich nur willkürliche Behauptungen sind; oder man ergeht sich in weitschweifigem Faselantentum à la „dann machen die ja nur mehr, was sie wollen“, als ob dies nicht schon ungeachtet allen Wählens der Fall wäre und die Dinge nicht etwa deshalb zumeist halbwegs unter Kontrolle bleiben, weil wir so brav wählen gehen, sondern weil sich die einzelnen Parteien voller Scheelsucht und Mißgunst gegenseitig belauern und solchermaßen eine schwankende Balance gehalten wird, da jede Partei Angst hat, Wähler an die andere Partei zu verlieren, wenn sie es in ihrer Schamlosigkeit zu weit treibt: dies allein ist die Ursache, wodurch ein Minimum an Disziplin in dem zerstrittenen Haufen aufrechterhalten wird und nicht etwa deshalb, wie mancher naive Wähler glauben möchte, weil sie sich ihren Bürgern wahrhaft verpflichtet fühlten; diesen Effekt könnte man nun als Argument zugunsten von Wahlen deuten, heißt aber in Wahrheit den Teufel durch Beelzebub austreiben oder, um weiter bei den Worten der Bibel zu verweilen, daß ein Haus oder Reich, das mit sich selbst entzweit ist, keinen Bestand habe [2]: denn würde dieses ekelhafte Buhlen um Wählerstimmen endlich aufhören, so würde damit vielleicht auch das viele „Schmutzige-Wäsche-Waschen“ bei den Wahlkämpfen aufhören, wo man sich die ganzen Fehler der Vergangenheit wechselweise an den Kopf wirft, und dies wiederum könnte im Idealfall viel zu einer besseren Harmonisierung und Kooperationsbereitschaft beitragen.
Gerne gehört wird auch das „Stimmenargument“ – also das Argument von den Wählerstimmen, die gezählt würden – daß es also besser sei, eine ungültige Stimme zu geben als gar nicht zu wählen, da man seine Politikverdrossenheit so auf adäquate Weise zum Ausdruck bringe; als ob es etwa eine größere Aussagekraft hätte, wenn so und so viele Wähler eine ungültige Stimme geben, die man aber doch zur allgemeinen Wahlbeteiligung hinzuschlägt und solchermaßen jene Absicht erreicht, von einer hohen Wahlbeteiligung zu fabeln; denn welches nun ein deutlicheres Signal sei, dem kollektiven Unmut Ausdruck zu verleihen: eine Wahlbeteiligung von 80 % mit meinetwegen einem ungültigen Stimmenanteil von 30 % oder eine generelle Wahlbeteiligung von 50 % oder weniger, das wollen wir einfach einmal mitsamt jenem bekannten, indes leicht abgewandelten Zitat im Raum stehen lassen: „Stell’ dir vor es ist Wahl und keiner geht hin!“
Damit wären die Eiferer unter den Wahlbefürwortern fürs Erste einmal höchst beweiskräftig widerlegt. Auch der Begriff „Wahl“ an und für sich trifft eigentlich längst nicht mehr zu: die Wahl zwischen Scylla und Charybdis zu haben oder sich von Rot, Blau, Grün, Schwarz, Pink, Lila und was weiß ich für Farben kujonieren zu lassen, was ist das für eine Wahl? Eine Wahl hat für mich immer mit Alternativen zu tun; aber Not anstatt Elend zu wählen ist keine Alternative sondern im Grunde ein- und dasselbe; soviel vorerst zum mißbräuchlich verwendeten Begriff einer „Wahl“.
Es fällt außerdem sogleich ins Auge, daß sich gerade unsere Wähler am meisten über schlechte Politik moquieren und dann, wenn man wieder einmal desillusioniert feststellt, daß nichts besser geworden ist und man noch Glück hat, wenn alles beim Alten bleibt – sofern nicht alles schlechter wird – die eigenen Parteien diskreditieren, die sie doch selbst gewählt haben [3]: denn der größte Teil unserer Stammwähler besteht ja ohnedies aus Lobbyisten, die „ihre“ Partei aus jenem einzigen Grunde wählen, weil sie dafür halten, dadurch einen persönlichen Vorteil im Sinne von Parteibuchwirtschaft und Nepotismus zu erlangen; und jenem vielbemühten Argument, man müsse, wenn man schon nicht aus Überzeugung wähle, eben das geringere Übel wählen, ist zu begegnen: ich bin für meine Entscheidung verantwortlich, also werde ich niemals ein Übel wählen, solange ich die Möglichkeit habe, überhaupt nicht zu wählen; denn ein Übel, und wäre es auch noch so gering, bleibt deswegen immer noch ein Übel, und ein Übel wähle ich nicht! Punktum!
Ein weiteres Übel – wollen wir indes noch bei demselben Begriff verweilen – besteht in dem Namen „Partei“: denn wenn wir von unseren Politikern als „Vertretern des Volkes“ sprechen und diese einer sogenannten „Partei“ angehören, bedeutet dies ex definitione, daß sie eben „parteiisch“ sind und nicht unparteiisch, so wie sich dies eigentlich für einen Vertreter seines Volkes geziemte: denn sobald ich für jemanden Partei ergreife, bedeutet dies wiederum, daß ich für jemand anders eben nicht Partei ergreife, und allein schon in der Konsequenz des daraus resultierenden Widerspruches kann es in einer Politlandschaft, wo jeder, um mit den Worten der Bibel zu reden, sich selbst erhöht, indem er den anderen erniedrigt [4], niemals so etwas wie Einigkeit geben; denn weder bemüht man sich um Einigkeit überhaupt noch sucht man einen kleinsten, gemeinsamen Nenner zu finden, an den man anknüpfen könnte, sondern man macht sich vielmehr wechselseitig Vorwürfe, trifft Schuldzuweisungen, schiebt Verantwortung wie einen Ping-Pong-Ball von einem zum andern und sorgt auf dieselbe Art und Weise dafür, daß die Differenzen immer größer und die Fronten immer verhärteter werden – bis man zuletzt zu jener vollendeten Absurdität gelangt, daß man Vorschläge einer anderen Partei schon aus Prinzip ablehnt, eben weil sie von der „anderen“ Partei stammen, wodurch jeder positive Ansatz einer konstruktiven Kollaboration gleichsam a priori vernichtet wird. Solchen Wölfen im Schafspelz, solchen falschen Propheten [5] auch noch meine Stimme zu leihen, hat für mich nichts mit Verantwortung, sondern im Gegenteil mit höchster Verantwortungslosigkeit zu tun: denn ein solches Spiel bringt langfristig nur Verlierer hervor – wir meinen damit auch jene, die vielleicht kurzfristig davon profitieren – und keinen einzigen Sieger!
Letztendlich aber geht es bei dieser großen Wahl-Lüge, mit der sich unsere Wähler – von den Verantwortlichen auf vorzügliche Weise manipuliert und instrumentalisiert – so bereitwillig selbst betrügen, einzig und alleine darum, den Menschen unter allen Umständen vorzugaukeln, wie schädlich es wäre, nicht zur Wahl zu gehen, und sehr viele Menschen fallen auf diese Masche leider auch herein und spielen den Schwarzen Peter nun jenen in die Hand, die des vielen, sinnentleerten Wählens überdrüssig geworden sind [6]! Eine solche Manipulation der Masse seitens unserer von einer blutgeilen Geldwirtschaft fremddiktierten Politmarionetten ist auch höchst logisch und folgerichtig: denn vor nichts haben unsere Politiker mehr Angst, als wenn plötzlich niemand mehr zur Wahl ginge! Denn dies wäre gleichsam eine Bankerotterklärung an die gesamte Politik, keine Partei erhielte mehr die Macht und Mehrheit, der politische Ausnahmezustand und eine Übergangsregierung würden die Folge sein und neue, innovative Kräfte und Synergien könnten geschaffen werden; die alten Platzhirsche würden ihre Legitimation verlieren, und nur so könnten neue Strömungen Platz greifen und eine geistige Revolution, ja eine geistige Evolution gleichsam stattfinden; denn Veränderung zum Besseren wird niemals durch indifferentes und gleichgültiges Weiterwursteln erzielt, sondern durch eine entschiedene und eingreifende Regeneration des Gesamtlebens; und nur allzu traurig, daß diese Art der Regeneration anstelle von bürgerlicher und politischer Zivilcourage zumeist nur als Folge von Stumpfheit und Ignoranz auf dem Wege der Gewalt erreicht wird – nämlich dann, wenn sich diese Stumpfheit, diese Ignoranz bis zur Unerträglichkeit steigert und ein solches System im Sumpf einer gewaltsamen Revolution der Massen zusammenbricht; alle entscheidenden, politischen Veränderungen gingen bedauerlicherweise fast immer mit Revolutionen und Kriegen einher, und nicht der unbeträchtlichste Teil dieser Schuld entfällt leider auf jene, die – sei es nun aus diesen oder jenen Gründen – keinen Mut zu einer vernunftgemäßen und friedvollen Veränderung der Verhältnisse haben, ehe die Dinge gleichsam „auf die Triarier“ gekommen sind!
Zuletzt aber reduziert sich die ganze Wahlsituation für den – unprivilegierten – Staatsbürger auf jene ebenso simple wie nüchterne Tatsache, daß man genaugenommen dreierlei Möglichkeiten hat: entweder man wählt eine Person oder eine Partei, oder man gibt eine ungültige Stimme ab, oder man geht eben überhaupt nicht zur Wahl! Da gute Politik nur auf dem Prinzip der Gerechtigkeit begründet werden kann, unsere derzeitige Politik allerdings – könnte man aus Überzeugung wählen, wäre es allerdings des Bürgers erste Pflicht zu wählen – sehr vieles, nur nicht gerecht ist, bleibt all jenen Bürgern, denen an einer wahrhaftigen, geistigen Verantwortung jenseits allen kleinlichen Interesses und Eigennutzes gelegen ist, keine Wahl mehr, ausgenommen jene zwischen Scylla und Charybdis, was keine rechte Wahl ist, und da wir, wie weiter oben bemerkt, auch kein „geringeres Übel“ wollen, da ein Übel eben trotzdem immer noch ein Übel bleibt, bleibt uns denn gar keine Wahl mehr übrig und wir können uns den Urnengang getrost und guten Gewissens ersparen!
Eine ungültige Stimme abzugeben hieße wohl seinem Unmut Ausdruck zu verleihen, erhöht aber gleichwohl die Wahlbeteiligung, an der, wie bemerkt, der Politik ja insbesondere gelegen ist und für die ein kataklysmisches Ausmaß von Nichtwählern ein weit schlimmeres Szenarium darstellen würde als Wähler, die zwar keine gültige Stimme abgeben, aber immerhin noch zur Wahl gehen [7]: und wer gibt uns schließlich schon die Versicherung, daß bei der Auszählung der Wählerstimmen nicht willkürlich verfahren wird? Da man für einen solchen Gang, der auf die nämliche Weise ohnedies sinnlos bliebe, auch noch Zeit investieren muß, erscheint er uns ebenfalls überflüssig!
Was bleibt zuletzt also noch übrig, als gar nicht zur Wahl zu gehen? Gewiß ist auch dies nicht der Weisheit letzter Schluß, aber nach meinem Dafürhalten wenigstens die zeit- und nervensparendere Variante: denn ist die Entscheidung des Nichtwählens faute de mieux gewissermaßen ein Zeichen von Resignation, so sparen wir uns doch wenigstens jene Zeit, die wir anstelle des Urnenganges durch eine sinnvolle Gestaltung der dadurch entstandenen Freizeit vermutlich weit nützlicher für Staat und Gesellschaft anwenden können als die ganze Menge der Kreuzchenmacher, auch – und nun folgt leider der negative Aspekt – wenn das die wenigsten unserer Nichtwähler auch tatsächlich tun werden; denn leider rekrutiert sich auch die Masse unserer Nichtwähler zum größten Teil nicht aus jenen Menschen, die der Wahlurne aus tiefster, innerer Überzeugung fernbleiben, sondern aus eben jenen, die entweder aus Trägheit, Indifferenz oder ähnlich banalen Motiven nicht zur Wahl gehen, welches im Prinzip ebenso töricht ist wie alles Übrige, was aus Unvernunft und Torheit geschieht; für mich selbst aber entsteht aufgrund der dadurch gewonnenen „halben Stunde“ eine Gelegenheit mehr, in der Bibel oder im Buche eines trefflichen Philosophen oder Dichters zu lesen und darüber nachzudenken, wie man die Welt denn nun wirklich und wahrhaftig zum Besseren wenden könnte – und dies geschieht erwiesenermaßen weit eher im Kleinen als im Großen! Wende ich meine Zeit auf sinnreiche Weise an, so habe ich – wenigstens nach meinem Dafürhalten – weit Nützlicheres für Staat und Gesellschaft geleistet als auf irgendein Papier mein Kreuzchen hinzuschmieren; und außerdem bin ich ohnehin lieber ein kritischer und unbequemer, dafür aber tugendhafter Staatsbürger als ein unkritischer und bequemer, mit der Masse kokettierender, der noch immer jener großen Täuschung obliegt, er könne durch ein Kreuzchen auf dem Papier die Welt verändern; da schlage ich doch lieber mein christliches Kreuz über Brust, Mund und Stirn, gehe fromm und wacker meinen Geschäften nach und werfe mein Vertrauen überhaupt lieber auf einen unsichtbaren Gott als auf sichtbare Ignoranten, von denen ich für gewisser halten kann, daß sie unseren Staat niemals auf positive Weise verändern werden, als ich von einem unsichtbaren Gott jemals annehmen könnte, daß er nicht existierte und der Menschheit würde dienen können; und wird dann wieder munter vor sich hingestümpert und empört man sich anschließend darüber, daß unsere politischen Systeme wieder einmal aus dem Ruder laufen, braucht man es sich außerdem nicht zum Vorwurf machen, solche Clowns und Gaukler gewählt zu haben!
Zuletzt ein (nicht ganz ernstgemeinter) Trost für alle Befürworter von Wahlen: auch ich gehe wählen, aber ich habe meine Wahl in mir selbst getroffen; denn ich wähle und werfe mein Vertrauen auf einen gütigen und liebenden Gott, von dem ich überzeugt bin, daß er uns im Glauben allen beistehen wird, die Herausforderungen unserer Zeit zu meistern und zu bestehen!
VON DER RECHTEN BILDUNG >>>
[1] Es wird immer und überall von Demokratie geredet – nur kann ich diese Demokratie, überwuchert von den Karzinomen und Metastasen der Oligarchie und Ochlokratie, leider nirgends mehr erblicken. Ist dies eure Demokratie, in der die korrupten Dioskuren Ökonomie und Politik bei Finanzspekulationen Milliarden in den Sand setzen, die dafür Hauptverantwortlichen freien Fußes herumlaufen und das Volk die Rechnung nun in milliardenschweren Sparpaketen bezahlen soll? Ist dies eure Demokratie, wo mehr noch als materielle Armut der geistige Pauperismus nicht einmal als Mangel, sondern als Segen empfunden wird, weil sich die Masse dadurch einfacher manipulieren läßt? In der Bildung gleichgesetzt wird mit dem Vermögen, wer mehr zu erraffen imstande ist? In der Nahrung tonnenweise auf den Müll geworfen wird, dieweil jeden Tag noch Menschen hungers sterben? In der Heuchelei das Fundament ihrer - der Demokratie - selbst geworden ist? In der ideelle Werte beständig pervertiert werden? In der alles, was nicht eurem juste milieu entspricht, als störend empfunden wird? In der man Individualität und Originalität mit Absicht seelisch verkümmern läßt, damit die leidigste Mediokrität sich weiterhin brüsten darf, das Maß aller Dinge zu sein? Auf eine solche Demokratie pfeif’ ich!
[2] Mt 12, 24-28; Mk 3, 22-26; Lk 11, 15-19
[3] Der blinde Demokratiewahn, mit dem die Wahleiferer fort und fort ihre Urnen bestürmen, nimmt in der Tat bereits masochistische Formen an: denn man muß wohl schon beinahe ein Masochist sein, um sich in dieser heillosen Selbstquälerei noch zu gefallen. Das Bild vom Verurteilten, der sich seinen Henker selbst aussucht, drängt sich auf!
[4] Mt 23,12; Lk 14, 11; 18, 14
[5] Mt 7, 15
[6] Vielleicht wäre es im Sinne einer gesunden Selbstkritik nicht unangebracht, zunächst einmal nach den Ursachen zu forschen, weshalb immer mehr potentielle Wähler den Urnen fernbleiben, ehe man ein vorschnelles Urteil fällt. Würde unsere Politik nämlich endlich anfangen, ihre Aufgaben comme il faut zu erledigen und das Volk und seine Bedürfnisse ernst zu nehmen, würden sich möglicherweise auch wieder mehr Wähler einstellen. Das Phänomen der Politikverdrossenheit hat eine Ursache, und vielleicht wäre eine vernunftgemäße Analyse der Ursachen der bessere Weg, anstatt fortwährend an Symptomen zu feilen.
[7] Dies hat unsere Politik freilich gut erkannt und dementsprechend darauf reagiert: denn wie sonst wäre jene deturbatio mentis wohl zu deuten, die minorennen Staatsbürgern sowohl de jure als auch de facto nun schon ab 16 Jahren den Weg zu den Wahlurnen ebnet bzw. bei Wahlen auf geringerer Ebene auch EU-Bürger mit Hauptwohnsitz in Österreich als Wähler zugelassen werden.
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