Schon im 5. und 4. Jahrhundert vor Christus behaupteten die Anhänger des griechischen Philosophen Pythagoras [1], daß die Erde eine Kugel sei. Eudoxos [2] (408-355 v. Chr.) und Aristoteles [3] (384 – 322 v. Chr.) lieferten die wissenschaftlichen Beweise dafür, wenngleich auch nur höchst wenige diese kühne Erkenntnis wirklich zu fassen vermochten. Seit Nikolaus Kopernikus [4] (1473 – 1543) wissen wir, daß die Erde nur ein unbedeutender Wandelstern ist und zusammen mit vielen anderen unsere Sonne umkreist.
Heute geben wir die ungeheuren Entfernungen zu anderen Planeten in Lichtjahren an, wobei ein Lichtjahr derselben Strecke entspricht, welche ein Lichtstrahl im Verlaufe eines Jahres zurücklegt. In einer Sekunde nur durcheilt das Licht bereits 300.000 Kilometer, das sind etwa 9,5 Billionen Kilometer in einem Jahr. Schon die allernächsten Fixsterne sind bereits mehrere Lichtjahre von uns entfernt. Wir wollen versuchen, diese gewaltigen Distanzen anhand eines Beispieles besser zu bezeichnen.
Der nächste Fixstern in unserer Galaxie ist der Stern alpha Centauri mit einem Abstand von „nur“ 4,3 Lichtjahren. Eine Rakete, welche sich mit einer mittleren Geschwindigkeit von etwa 10 Kilometern pro Sekunde dem Planeten annähern würde, wäre bereits 130.000 Jahre zu unserem Sternennachbar im Sternbild des Zentauren unterwegs. Oder anders ausgedrückt: Würde man alle kosmischen Maßstäbe so weit reduzieren, daß die Erde einem winzigen Staubkorn von 0,1 Millimeter entspräche, dann käme die Sonne der Größe einer Kirsche gleich und wäre ohngefähr 1,5 Meter von derselben entfernt. Der Stern alpha Centauri aber würde bereits 410 Kilometer entfernt liegen. So bekommt man eine einigermaßen vernünftige Vorstellung davon, welch gewaltige Dimensionen unsere kosmische Heimat umfaßt.
Über 100 Milliarden Sonnen bilden eine Art riesige Sterneninsel, welche der Mensch mit dem schönen Worte Galaxis [5] bezeichnet hat. Auch unsere Sonne steht inmitten jenes Sternenhaufens. Sämtliche Sterne umkreisen das Zentrum der Milchstraße. Unsere Sonne beispielsweise benötigt für nur einen Umlauf rund 230 Milliarden (!) Jahre trotz einer Bahngeschwindigkeit von 270 Kilometern in der Sekunde. Rings um unsere Galaxie befinden sich noch über hundert dieser Sternhaufen, welche wiederum jeweils 100.000 Sonnen enthalten.
Mit den größten Teleskopen dringen wir heute in eine Entfernung von über 10 Milliarden Lichtjahren vor. Spektroskopische und ähnliche Untersuchungen haben gezeigt, daß sich die Milchstraßensysteme mit desto höherer Fliehgeschwindigkeit von uns fortbewegen, je weiter sie von uns entfernt liegen. Die größte festgestellte Fluchtgeschwindigkeit beträgt 250.000 Kilometer in der Sekunde, sodaß diese Erkenntnis zur theoretischen Annahme eines sich an seinen Rändern mit Lichtgeschwindigkeit expandierenden Kosmos führt, der keinen eigentlichen Mittelpunkt hat, denn von jedem beliebigen Punkt innerhalb desselben ergibt sich das gleiche Schauspiel. Das Universum hat demnach einen bestimmten Radius (!) von 10 bis 12 Milliarden Lichtjahren, enthält eine endliche Anzahl von Sternen und ist trotzdem unendlich. Es ist im weiteren Sinne etwa mit einer sich ausdehnenden Ballonoberfläche zu vergleichen, nur, daß es sich bei diesem Vergleich um ein flächenhaft und kein räumlich strukturiertes Gebilde handelt. Zu vergegenwärtigen indes vermag man sich die Struktur des Universums nicht; es ist allenfalls durch einen hochkomplizierten mathematischen Formelapparat zu beschreiben.
Verfolgen wir das Universum bis in seine äußerste Vergangenheit zurück, so gelangen wir zu dem Schluß, daß es vor mehreren Milliarden Jahren einmal sehr klein gewesen sein muß und in seinem Innern außerordentlich hohe Temperaturen, Drucke und Dichten geherrscht haben müssen. Möglicherweise ist es auch erst damals entstanden. Ob sich sein Ursprung durch die Explosion einer ungeheuren „Ursonne“ oder durch einen eigentlichen Schöpfungsakt im biblischen Sinne erklären läßt, muß vorläufig unbeantwortet bleiben.
[1] Pythagoras, grch. Philosoph aus Samos (um 570-497/96 v. Chr.), gründete in Kroton den Bund der Pythagoreer. Die Entdeckung bestimmter rationaler Zahlenverhältnisse in der Natur führte ihn zu der Lehre, daß das Wesen der Wirklichkeit die Zahl sei. Mathematik, Astronomie und Akustik verdanken den Pythagoreern wichtige Erkenntnisse.
[2] Der grch. Mathematiker und Philosoph Eudoxos v. Knidos (408-355 v. Chr.) war ein Schüler des Platon und gründete eine eigene Schule in Athen. Seine Untersuchungen zum Kegelschnitt sind in die Lehre Euklids eingegangen, ebenso ist Aristoteles von seinem Modell der Planetenbewegungen angeregt worden.
[3] Aristoteles (384-322 v. Chr.). Leben und Verdienst dieses großen griechischen Philosophen dürften hinreichend bekannt sein.
[4] Nikolaus Kopernikus (1473-1543) galt als der Begründer des heliozentrischen Weltbildes. In seinem Werk >De revolutionibus orbium coelestium< stellte er umfassende Theorien über den Umlauf der Himmelskörper und der Erde an. Galilei griff das kopernikanische System wieder auf und führte es weiter aus.
[5]Galaxis (=Milchstraße)
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