DeutschFrançaisEnglish
   
 
   
   
   
 
 
     
   
 

 


LESEPROBE

Die Schwalben kreuzten zwitschernd in den heiteren Frühlingslüften, als ein einzelner Mann seinen Schritt zögerlichen Ganges den stattlichen Bürgerhäusern des Marktes zu Golling entgegenlenkte. Etwas Gedrücktes schien in dem Wesen und Gebaren jenes Menschen zu liegen, denn kaum hatte er im Vorübergehen seine Mütze gelüftet, sooft die Landsleute, welche allenthalben auf den Feldern und Äckern ihr Tagewerk verrichteten, demselben von fern einen Gruß zugerufen. Nun bog er von der staubichten Marktstraße auf jenen holperigen Saumpfad ab, der in sachter Neigung zu dem plumpen Wehrturm des Pflegschlosses emporführte, welches sich, nebst dem spitz aufragenden Kirchturme, dem Wanderer auf seiner erhabenen Warte schon von weitem gezeigt hatte. Dumpf hallten die Bohlen unter seinen Tritten, da er zuletzt über die hölzerne Brücke schritt und durch den von allerlei Gesträuchen – Holunder- und Fliederbüschen – umwucherten Torbogen den engen Hof des Schlosses betrat. Derselbe bot einen beinahe verwilderten Anblick; allenthalben zwischen den groben Pflastersteinen trieben wilde Schößlinge empor, und die Strahlen der Sonne spielten anmutig in den vom Winde leis bewegten, in lichtem Grün prangenden Blättern eines hohen Lindenbaumes, der, an seinem Stamme von einer verwitterten Holzbank umschlungen, mit seinem starken Geäste fast den gesamten, schmalen Burghof überschattete. Der Wanderer hielt für einen kurzen Augenblick inne und blickte zur Krone des Baumes empor, aus dessen mächtiger Laube die mannigfaltigen Lieder jener kleinen, gefiederten Sänger in den anmutigsten Tönen erschallten. Fast schwermütig nickte er mit dem Kopfe, indem er sich zuletzt abwandte und linkerhand eine steile Treppe in das innere Gelaß des Schlosses emporklomm.
Sowie er nun mit hallenden Schlägen an eine jener zahlreichen Türen pochte, welche in den auf das sonderbarste verzweigten Gängen des Gebäudes sich aneinanderreihten, gebot eine harsche Stimme sogleich einzutreten. Unser fremder Besucher zog bescheidentlich die Mütze vom Kopfe und sah sich im nächsten Augenblicke dem Schreiber des Pfleggerichts zu Golling, Herrn Max Käml, einem stämmigen, untersetzten Menschen mit einem hart aus seinem Gesichte hervorstechenden Spitzbart gegenüber, der, mit der Feder hinterm Ohr, beim Eintritt seines Gastes sich sogleich hinter dem Pulte erhoben hatte und nun hinter demselben hervortrat.
„Gott zum Gruße, lieber Herr Blüntaumüller!“, rief derselbe mit einem Tone aus, welcher erahnen ließ, daß sein Besuch ihn in nur geringe Verwunderung zu versetzen vermochte und er an derartige Unterbrechungen seiner Amtsgeschäfte durchaus gewöhnt zu sein schien.
„Nun, mein lieber Müller“, fuhr jener fort, indem er für denselben sogleich einen Stuhl zurechtrückte, „nun, so setze er sich doch: und jetzo sage er mir, was kann ich für ihn tun!?“
„Macht Euch um meinetwegen keine unnütze Mühe, Herr Schreiber“, gab derselbe zur Antwort; „den allergnädigsten Herrn Pfleger begehrte ich zu sprechen, wo Ihr nur erlauben wollt!“
„Völlig ausgeschlossen!“, versetzte der Schreiber mit gravitätischer Miene. „Der allergnädigste Herr befindet sich gerade in dringlichen Amtsgeschäften und wünscht nicht gestört zu werden!“
„Horcht“, entgegnete der Müller nach einem kurzen Momente des Zögerns, „es handelt sich um eine Sache von außerordentlicher Wichtigkeit!“
„Hoho!“, lachte der Schreiber, „die Leier kennen wir! Kommt zu gelegenerer Stunde wieder, mein lieber Müller, und man wird sich seines Gesuches sogleich annehmen!“
Allein der Müller schien alles andere als entschlossen, sich auf so billige Weise abführen zu lassen.
„Aber so hört doch!“, erhub er nun abermals seine Stimme; „die Sach’ ist wahrhaft dringlich, weiß Gott, und ein andermal möchte es wohl zu spät dafür sein!“
Dem Pfleggerichtsschreiber war es gar wohl anzusehen, daß er mit seinen pflichtgetreuen Vorsätzen im Widerstreit lag und kurz bevorstand, sich erweichen zu lassen; indes er wandte sich mit verdrossener Miene nach dem Müller und donnerte die Faust auf das Pult.
„Hol’ euch doch alle der Kuckuck“, wetterte er, „es ist doch immer dasselbe mit euch feinen Leutchen! Einer hartnäckiger als der andere!“
Er stieß einen tiefen Seufzer aus und rollte mit den Augen.
„Nun denn“, fuhr er gleichsam einlenkend fort, „ich will es um Euretwillen tun und den gnädigsten Herrn bitten, ob er geneigt ist, Euere Fürsprach’ anzuhören!“
„Meinen untertänigsten Dank, lieber Herr Schreiber“, versetzte der Müller nun mit einer Art von listiger Verschlagenheit, indem jener sich aus der Amtsstube entfernte. Schon nach wenigen Augenblicken kehrte er wieder zurück.
„In Ordnung, Müller, Ihr dürft eintreten!“, bedeutete er sogleich seinem Gaste, indem er denselben an eine benachbarte Tür wies, welche in des Pflegers Gerichtsstube zu führen schien.
Herr Joseph Joachim von Lospichl, der Pfleger zu Golling, der im Auftrage des gnädigen Fürsterzbischofs von Salzburg dem hiesigen Pfleggerichte vorstand, erwartete den Müller mit unbewegter Miene hinter seinem Pulte. Sein Amt, das er seit langen Jahren mit unermüdlichem Eifer versah, hatte ihn gelehrt, seine zahlreiche Kundsame mit der besonnensten Gemütsruhe zu empfangen. Nachdem er dem Müller mit einem vornehmen Wink seines Arms einen Platz auf einem freien Stuhle angewiesen, forderte er denselben sogleich auf, sein Gesuch vorzutragen.
„Verzeiht untertänigst, lieber Herr Pfleger“, begann jener mit stockender Stimme, „ich weiß eben gar nicht recht, wo ich anfangen soll … wißt, ich befinde mich seit einiger Zeit in höchst bedrückten Hausumständen …“ –
An dieser Stelle brach er gleichsam ab, sodaß Herr von Lospichl sich genötigt fühlte, seinem Gaste in der Rede fortzuhelfen.
„Er kann sich dem beeideten Pfleggerichte bedenkenlos entdecken“, versetzte er, „er braucht keine Sorge zu haben, daß man ihn nicht anhört!“
„Nun denn“, fuhr der Blüntaumüller etwas verlegen fort, „nun denn, gnädigster Herr, wie Ihro richterliche Gnaden ja einmal für bestimmt wissen, haben mein Weib und ich die Mühle seinerzeit für dreihundert Gulden erworben und ebensoviel für die Mahlgerechtigkeit bezahlt. Da sind denn nun gar viele Schulden auf dem Hause, lieber Herr Pfleger, und der Ertrag aus dem Mahlgewerb nur außerordentlich gering. Vier Kreuzer nur bezahlt man heutigentags für einen Metzen gemahlen Getreide, gnädiger Herr, und was, frage ich, mag es da viel nützen, und wenn man gleich Mautmüller wäre und ein Weniges an dem Getreide für sich selbst aufsparen kann? Ach seht, wir haben vier Kinder, mein Weib und ich, welche man allesamt erhalten und ernähren muß, dazu noch einiges Vieh und ein Roß, welches ich für mein Gewerbe bedarf – und wie wir uns auch abmühen, so kommen wir bei unserm kargen Geschäfte doch nie über zweihundertundfunfzig Gulden das Jahr hinaus … und dabei haben wir doch noch gar arg an unseren Schulden zu zahlen und obendrein noch den Stiftzins zur rechten Zeit abzuliefern!“
„Das will ich ihm ja gern glauben“, versetzte der Pfleger, „aber es geht doch auch den übrigen seines Standes nicht gar anders!“
„Da habet Ihr freilich recht!“, entgegnete der Müller, „allein wißt, der Mahllohn ist nur sehr gering, und oft genug muß man das ganze verfluchte Zeug auf dem eigenen Buckel vom Markte herbeischleppen; die Müller in unserer Gegend sind überhaupt recht der Hilfe bedürftig und müssen ihren Unterhalt sehr hart gewinnen! Und saget selber, lieber Herr Pfleger, wie sollen denn wir Mautmüller bloß von unserem Gewerb leben, wenn jeder Bauer, der da ist, landauf, landab seine eigene Mahlgerechtigkeit inne hat und so des Müllers Gewerb im allgemeinen großen Schaden erleidet?!“
„Ja, mein lieber Herr Blüntaumüller, da ist nun einmal wenig daran zu ändern!“, entgegnete Herr von Lospichl mit einer Stimme, welche gleichgültige Gelassenheit verriet. 
„Ihr solltet fein wissen, daß ich bei der Hofkammer schon mehrfach auf die unbilligen Verhältnisse hingewiesen, unter denen die hiesigen Müller insonderheit zu leiden haben; doch stets hieß es nur, es sei in anderen Gegenden eben auch nicht gar anders, und ein Müller müsse sich sein Brot einmal ebensogut verdienen als nur irgend ein Wagner oder Schuster, die ja auch nicht in einem fort darüber klagten, wie übel es ihnen bei ihrem mühseligen Handwerk ergehe!“
„Das mag ja sein, lieber Herr!“, versetzte der Müller, „allein jene haben von den Bauren an ihrem Gewerb nichts zu besorgen!“
„Nun, mein lieber Müller, ich kann ihn recht wohl verstehen!“, fuhr der Pfleger fort, „allein ihr wißt ebensowohl als ich, daß unsere Obrigkeit die Dinge nun einmal auf dieselbe Weise verfügt hat und daran nur wenig zu ändern sein wird! Indes er tröste sich damit und fahre fort, sein Handwerk so wacker zu betreiben als bisher, und er wird sehen, daß er gar wohl von seinen Einkünften leben kann!“
Der Müller schien zu fühlen, daß es nun an der Zeit war, mit seinem eigentlichen Gesuche nicht mehr länger zurückzuhalten.
„Seht, lieber Herr Pfleger“, hub er deshalb erneut an, „so will ich Euch also denn frisch heraus bekennen, daß ich Euch untertänigst gebeten hätte, mir einige Wochen Aufschub für den Stiftzins zu gewähren!“
„Aufschub für seinen Zins?“, versetzte Herr von Lospichl, wie es scheinen wollte, nun doch einigermaßen erstaunt.
„Gewiß wird er sich noch recht wohl daran erinnern, daß er in den letzten zehen Jahren“, – er erhob sich, schritt nach einem Schranke und förderte aus der Tiefe desselben ein dick in Leder gebundenes Buch zutage, welches er sogleich umständlich auf dem Pulte ausbreitete und mit aufmerksam lorgniertem Blicke aufschlug – , „daß er in den letzten zehen Jahren … ei, siehe … nicht weniger als fünf Mal um Aufschub gebeten, welches ihm samt und sonders bewilligt worden!“
Er hub den Blick und sah scharf den Müller an, der daraufhin nichts zu erwidern wagte!
„Siehe, mein lieber Müller“, fuhr der Pfleger in väterlich ermahnendem Tonfalle fort, „sieh er gleich her, einmal muß es mit der ewigen Bettelei ja doch ein Ende haben! Er sollte doch nun einmal gelernt haben, seinen Pflichten wider die Obrigkeit nachzukommen, mein lieber Herr Blüntaumüller, und seinen Zins zur rechten Zeit zu bezahlen! Er wird doch selbst aufrichtig gestehen müssen, wie er seinerseits erwartet, von seinen eigenen Kunden ebenso pünktlich und nach rechter Weise bezahlt zu werden als dergleichen jeder brave Mann, der da seine Pflicht tut, nur immer erwarten kann … nicht wahr, mein lieber Müller?“
Der Müller blickte verlegen in seinen Schoß und wußte daraufhin nichts zu erwidern!
„Nun“, fuhr der Pfleger in gleicher Weise fort, „sehe er zu, daß er seine Sache für diesmal in der rechten Ordnung halte, und man wird ihm seine Bitte ein andermal gewiß nicht abschlagen! Aber sehe er, lieber Müller, wir alle müssen im Leben zur rechten Zeit lernen, unsere Pflichten treu zu erfüllen und dürfen nicht stets darauf hoffen, daß man immer und überall Nachsicht mit uns übe! Nehme er sich das nur immer recht zu Herzen, und er wird einst alle Ursache haben, mir dankbar dafür zu sein!“
Zerknirscht und mit rotem Kopfe erhob sich der Müller; es war ihm unschwer anzusehen, daß er sich einen anderen Ausgang seiner Unterredung mit dem Pfleger erwartet hatte!
„Habt vielen Dank für Eueren nützlichen Rat!“, versetzte er deshalb in einem Tone, aus dem Spott und unverhehlter Ärger seltsam hervorklangen; „nun wird es freilich nicht mehr schwer halten, den Zins zu bezahlen!“
Er machte vor dem Pfleger eine ungeschickte Verbeugung nach der Art eines Kratzfußes und brummte noch einen kurzen Abschiedsgruß, ehe er durch die angrenzende Türe zum Flur hinaustrat. Fast noch im selben Augenblick öffnete sich die Seitentür, und Herr Max Käml, der Pfleggerichtsschreiber, stand bei seinem Herren inmitten der Stube.
„Was wollte der alte Gauch?“, versetzte er sogleich, indem ihm die ungezügelte Neugierde aus dem Gesichte sprach.
„Ach, das Übliche“, gab Herr von Lospichl zur Antwort, „das übliche Gejammere, von wegen die Geschäfte stünden schlecht und er hätte kein Geld um den Zins zu entrichten und dergleichen Unfug mehr … Ihr kennt das ganze unnütze Gerede ja genugsam selbst!“
„Wie, der gottverdammte Schelm“, entrüstete sich der Schreiber, „da wagt der gottlose Mensch es, uns Vorstellungen zu machen, während der Falsche im Walde frevelt allenthalben, jedes Kind weiß ein Märlein davon zu singen; ei, da will ich doch ein Narr heißen, wenn man den Kerl von Stund an nicht etwas härter an die Kandare nehmen sollte!“
„Eine hübsche Idee“, lächelte der Pfleger mitleidig, „aber Ihr machet da die Rechnung eben ohne den Wirt! In derlei Dingen hält das Volk zusammen wie Pech und Schwefel, mein lieber Max, und bisher konnte man den Müller schließlich noch keines einzigen Bubenstückes schuldig zeihen … Ihr wißt ja selbst, wie schwer es hält, einen gerissenen Kerl wie ihn auf frischer Tat zu ertappen!“
„Traun, gnädigster Herr, aber der Müller treibt es doch nun gar zu arg!“
„Da habt Ihr freilich nicht ganz unrecht“, entgegnete der Pfleger, „allein was ist da zu machen? Man muß ja immerhin offen zugeben, daß es manchen Leuten in der Tat nicht leicht fallen mag, ihr Auslangen zu finden, und dies als die vorzüglichste Ursache zu betrachten ist, weshalb die Leute sich nach anderen, zuweilen auch minder erlaubten Mitteln umsehen, um sich ein Weniges an Erleichterung von ihrem drückenden Los zu verschaffen!“
„Ihr wollt doch nicht etwa den Advocatus für den Buben spielen?“, fuhr der Schreiber auf.
„Wie, wo denkt Ihr hin“, versetzte der Pfleger, „allein es mag gar leicht begreiflich sein, weshalb jene Dinge nicht bessern, solange die Hofkammer in dieser Angelegenheit auf ihrem Standpunkte verharrt und sich nicht dazu verstehen will, zum mindesten Forderungen von geringerer Bedeutung zu billigen!“
Der Pfleggerichtsschreiber schien nachdenklich geworden.
„Ich muß gestehen“, räumte er schließlich ein, „daß man Euch ein klein wenig recht geben muß, ganz kann man die Dinge ja nun nicht von der Hand weisen; gleichwohl scheint mir nichts dabei gewonnen, wenn wir die Zügel jetzt schleifen lassen und die Kerle nicht beizeiten härter anfassen!“
„Damit erreicht man bei Leuten solchen Schlages für gewöhnlich gar nichts!“, versetzte der Pfleger. „Das einzige Resultat daraus ist, daß sie nur noch verstockter werden und man es zuletzt mit allem Volk verdirbt: und das könnt Ihr mir füglich glauben, daß ich den keinen guten Herrn nennen werde, der jeglichen Vertrauens seiner Untertanen verlustig gegangen und der die natürliche Ordnung nur mehr vermittelst der ungerechtesten Tyrannei aufrecht zu erhalten vermag! Ein solch Regiment mag ich nicht führen, mein getreuer Max, und deshalb ist es geboten, bei aller gesetzlichen Strenge gerechte Billigkeit walten zu lassen!“
„Und ich sage Euch mit Verlaub, gnädiger Herr“, fiel der Schreiber lebhaft ein, „Ihr seid zu wohlwollend mit den Leuten! Reicht ihnen nur den kleinen Finger, und siehe! schon begehren sie von Euch die ganze Hand!“
„Das nun eben nicht gerade“, lächelte Herr von Lospichl nachsichtig, „aber in einem Punkte habt Ihr eben doch recht, der Blüntaumüller ist ein ganz ausgefuchster Schelm! Aber diesmal habe ich ihn tüchtig abblitzen lassen: wir wollen sehen, ob er zu seiner Sache sieht, und verhält er sich recht und tut nach der Ordnung, ei nun! so will ich ihm ein andermal gerne wieder meine Gunst erweisen!“
„Nun, wir werden ja sehen!“, meinte der Schreiber resignierend und blickte durch das nahe Fenster, wo er soeben den Müller über den Torweg nach dem Markte davonschreiten sah. „Aber Ihr wisset ja selbst, allergnädigster Herr: die Katze kann das Mausen nicht lassen!“
„Schon recht, mein guter Max“, versetzte Herr von Lospichl, „die Blüntaumühle ist aber auch ein gar zu gefährlicher Ort! In jedem Falle habe ich unsern wackern Jägermeister namentlich angewiesen, ein waches Aug’ auf die Mühle zu haben und Obacht zu geben, welch luftiges Gesindel sich daselbst zur Tages- und Nachtzeit allenthalben herumtreibt!“
„Da tuet Ihr wohl daran!“, versetzte der Schreiber.
„Im übrigen“, fügte der Pfleger hinzu, „beabsichtigt Herr Baron von Gemmingen bald Station hier in Golling zu machen und im „Goldenen Ochsen“ seine Wohnung zu nehmen. Neben der Inspektion unseres Pflegamtes und der Jägermeisterei gedenkt er aller Voraussicht nach auch noch für einige Tage zum Behufe der Jagd zu verweilen! Wollen wir also denn, guter Max, dem hohen Herren einen ziemlichen Empfang bereiten und zusehen, daß bis dahin alles in der besten Ordnung ist!“     
„Ich werde alles Nötige veranlassen, was dem Empfang unseres geschätzten Gastes auf irgendwelche Weise nur dienlich sein kann!“
„Ich weiß, daß ich mich auf Euch verlassen kann, mein getreuer Max!“, versetzte der Pfleger, indem jener seinem Herrn die Reverenz erwies und sich geräuschlos aus der Stube entfernte. Herr von Lospichl blickte noch für ein Weilchen nachsinnend aus dem Fenster, vor welchem der laue Frühlingswind leise durch die Blätter der großen Linde strich, ehe er seine ganze Aufmerksamkeit wieder dem Pulte zuwandte und in seiner durch den Besuch des Müllers unterbrochenen Arbeit fortfuhr. –
Der Wind trug eben den heiteren Klang der Mittagsglocken ...




Zurück