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Wenn wir in die Jahre kommen und in Ehren und Würden grau werden, ergreift uns wohl zuweilen eine unbeschreibliche Sehnsucht nach den längst entschwundenen Jahren unserer Jugend. Da strebt unser Geist wohl, den welken Leib zu verlassen, um sich für die Dauer eines flüchtigen Augenblicks gleichsam noch einmal in jene freien, köstlichen Tage zu versetzen, welche uns die Jahre der Jugend gewöhnlich so unaussprechlich selig verfließen machen. In solchen Momenten erfreuen wir uns denn wohl auch in wohliger Erinnerung jener glücklich verlebten Stunden, und ein Lächeln über manch frühere Torheit mag unsere gealterten Züge verjüngen, während sich zugleich eine unsägliche Traurigkeit und Wehmut unser bemächtigen will, da wir hier eben am klarsten und deutlichsten die Vergänglichkeit alles Irdischen erkennen. Und dennoch blitzt auch da noch so manchem Greise der Schalk aus dem ungetrübten Auge, da er in heiterem Nachsinnen, gleichsam in träumende Erinnerung versunken, dem lauschenden Jünglinge gar manche Begebenheit aus seinem reichen Leben erzählt. Gar kostbar ist jener Schatz von trefflichen Erinnerungen eines tugendhaften Wandels; und wahrhaftig arm geht wohl nur jener auf Erden von dannen, der in schnöder Selbstsucht zeitlebens nur seinen eigenen kleinlichen Interessen lebte. Wohl dem, der Ursache hat, einer glücklichen Jugendzeit zu gedenken: er wird aus ihr stets mannigfachen Trost und Hoffnung schöpfen, wenn der Sturm der Zeit ihm später einmal im Unglücke begegnen sollte!
So entsinne auch ich mich noch manchen Tages, da wir Kinder uns zu sorglosen Spielen im Freien einfanden, uns erfreuend an dem Frühlingsdufte, der uns allüberall aus Büschen und Bäumen entgegenquoll, und an dem warmen Lichte der Sonne, die unsere im Hause starr gewordenen Glieder erquickte. Es war eben noch jene selige Zeit, da jedermann, der nur irgend eine freie Minute erübrigen konnte, diese draußen in der Natur zubrachte – sei es nun auf dem freien Felde oder sonst irgendwo im Walde. So zogen wir denn frohen Mutes in die sonnigten Fluren hinaus, wir Kinder aus der Nachbarschaft, die wir von der Pike auf allerlei Abenteuer zu bestehen hatten; und nie wurden wir dessen müde, zwischen den geheimnisvollen Stämmen des Waldes umherzustreifen, jeder bemooste Fels und jedes Bächlein, das munter plaudernd dahinfloß, war uns eine neue Entdeckung, eine neuerliche Verheißung, und dankbar empfingen wir tausenderlei wunderliche Eindrücke, welche die Natur auf unsere kindlichen Sinne in Fülle verströmte. Und wie bestrickte eine seltsame Andacht doch unsere Gemüter, da wir jenes mannigfaltigen Lebens gewahr wurden, welches daselbst in den grünen Zauberhallen des Forstes seine geheimisvollen Kräfte entfaltete, und wir darüber in die innerlichsten Betrachtungen verfielen; wie etwa die Ameisen so gar emsig kleine, im Herbste von den Fichten gefallene Nadeln und Blättchen zum Wohnungsbau herbeischleppten, wie da allenthalben Bienen summend von Blüte zu Blüte schwärmten, um den süßen Nektar aus den Blumen zu heimsen; ferner erfreuten wir uns an dem lieblichen Sange der Vöglein, welche in den Zweigen des Waldes brüteten, und als rechte Aventurier dünkten wir uns, wenn wir einmal eines Rehs oder wohl auch eines Hasen von der Ferne ansichtig wurden. So kamen wir denn ein jeglich Mal wieder voller Stolz nach Hause zurück, und wir säumten nicht, den oftmals besorgten Eltern von unseren Streifzügen im Walde zu berichten.
Mit besonderer Vorliebe indes brachten wir jene Stunden unserer kindlichen Muße in meines Oheims alter Mühle zu, welche, zu unserem großen Entzücken, gleich nächst einem vergnüglich dahinrauschenden Bache an der Waldlisière gelegen war und ordentlich so aussah, als wölbten die dunklen Fichten, die das Gebäude rings umgaben, eine zauberische Laube darüber hinweg und wollten es vor den Blicken neugieriger Menschen, die unserem Kreise nicht angehörten, wohltätig beschirmen.




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