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Mit schwarzem Fittich sinkt nieder die Nacht
Zypressen rauschen im Haine
der Mond glüht in blutrotem Scheine;
im Dunkeln ringet mit finsterer Macht,
im nächtlichen Hain, auf einsamer Wacht
ein Mensch, um die Welt zu erlösen
von all ihren Sünden, den bösen.

„Die Seele mein ist zu Tode betrübt!“

gebeut der Herr noch den Seinen

im Beten sich ihm zu vereinen;

Und er, der immer die Seinen geliebt

wo er sich zurück zu den Jüngern begibt

da findet der Hirt seine Schafe

versunken im träumenden Schlafe.


„Ihr schlaft noch? Seht, die Stunde ist da!

Steht auf und lasset uns gehen!“

Und zwischen den Bäumen sie sehen

nun schon die Rotte der Häscher ganz nah:

„Steht auf und seht! Die Stunde ist da!“

„Wir wollen mit dir sie erwarten!“

„Ihr werdet mich alle verraten!“


Doch da erhebet sich Petrus und spricht
indes die Jünger in Chören
vereint ihre Treue beschwören.
„Und wenn auch jeder die Treue dir bricht:
Des sei gewiß: Ich verrate dich nicht!“
„Es leugnet mich, der vor mir stehet
Drei Mal, eh’ der Hahn noch gekrähet!“

Gedungen um schnöden Geldes Lohn,
wohlfeil dreißig Silberstücke
im Herzen voll teuflischer Tücke
neigt Judas sich nach der Wange schon:
„Mit dem Kuß verrätst du den Menschensohn?“
Sie binden ihn, führen ihn düster
zum Palast ihn, zum Hohepriester.

Der frägt ihn sogleich: „Du bist Gottes Sohn?“
Und Jesus, da jener gefraget
erwidert: „Du hast es gesaget!“
Das Kleid zerreißt jener ihm voller Hohn,
versetzt in bösem, grimmigen Ton:
„Was brauchen wir ferner noch Zeugen?
Die Läst’rung konnt’ er nicht verschweigen!“

Indessen Petrus dort vor dem Palast
da er verharret am Orte
vernimmt da die dräuenden Worte:
„Ei freilich, du bist der fremde Gast
der oft du mit Jesum verkehret hast!“
Da flucht er, beginnt zu beschwören,
zum Menschensohn nicht zu gehören.

„Ich kenne doch jenen Menschen nicht!“
versetzt er in rasendem Flehen,
da hört einen Hahn man gleich krähen.
Und aus des Betrogenen Angesicht
gar bitterlich eine Tränenflut bricht:
„Bezeugt ist es durch meine Taten:
Ich habe den Meister verraten!“

Die Ältesten nun, da es Morgen ward
schaffen ihn nach ihrem Ratschluß
zum Statthalter Pontius Pilatus;
der frägt ihn sogleich nach der Juden Art:
„So bist du ihr König? Nun haltet ihr Rat,
was hat er denn Böses verübet?“
„Den Kaiser geschmäht und betrübet!“

Von überall strömen die Juden herbei
und hemmen des Statthalters Zagen:
„Ans Kreuz sogleich mußt du ihn schlagen!“
Es schwellet das Toben, es schwillt das Geschrei:
„Ans Kreuz mit ihm! Siehe, Barabbas gib frei!“
„Wir haben“, so rufen sie heiser,
„keinen König außer dem Kaiser!“

Da gab er Jesum zur Geißelung frei
und setzet die dornichte Krone
aufs Haupt ihm, dem Menschensohne.
Den Kreuzestod ohne jegliche Reu,
sollt’ leiden er mit der Schächer zwei;
so führt’ man des Weinberges Erben
hinfort, um am Kreuze zu sterben.

Die Weiber und Frauen klagen gar sehr
man höret sie bitten und weinen,
da wendet er sich zu den Seinen:
„Weint nicht über mich, nicht zu meiner Ehr’,
euch selbst, Eure Kinder, beweinet vielmehr.
Ach wenn grünes Holz solche Wirren
erfährt, was geschieht dann am dürren?“

Und auf der einsamen Bergesöd
da ward er ans Holz geschlagen,
viel Menschen so hörte man klagen.
Flugs werden die drei Kreuze erhöht
die gaffend des Volkes Menge umsteht:
„Er ist doch der König der Juden!
Er wird doch am Kreuze nicht bluten!“

Da neiget ein Schächer voller Pein
sein Haupt, spricht voll inneren Haders:
„Und kommst du ins Reich deines Vaters,
vergiß mich nicht, Jesus! – gedenke mein,
vielleicht kann dies Wort deinen Vater reu’n!“
„Noch heute“, spricht jener voll Milde,
„siehst du Paradieses Gefilde!“

Und von der sechsten zur neunten Stund’
sinkt Finsternis über die Lande,
zu lösen die irdischen Bande.
Am Sohne erfüllt der Vater den Bund:
„Es ist vollbracht!“ verkündet sein Mund
und der Geist entflieht seinem Leibe,
hat länger auf Erden nicht Bleibe.

Da beben die Erde, die Felsen schon
des Tempels Vorhang zerreißet,
der Hauptmann der Wache, er kreißet:
„O wahrhaft, dieser war Gottes Sohn,
ein König der Schmerzen vorm Erdenthron!“
So starb unter Tränen und Klagen
das Heil, das die Erde getragen.

Da es Abend ward, kam ein Jünger reich,
Josephus, Pilatum zu bitten
den Leichnam im Grab zu behüten.
Und jener gibt ihm den Leichnam gleich:
„Der König der Juden gehöre Euch!“
Und ins Grab, beschwert von dem Steine
versenket man seine Gebeine.

Frühmorgens, da die Sonne erwacht
da treten die Frauen zum Grabe,
in Händen gar köstliche Gabe.
Und plötzlich ein Engel in milder Pracht,
verkündet die Botschaft voll heil’ger Macht:
„Des Todes Gewalt ward zuschanden!
O freuet Euch: Christ ist erstanden!“

O jauchzet, Erde, ihr Himmel rein
der Christ hat, am Kreuze geschunden
als Sieger den Tod überwunden:
nun lasset uns, Kinder, des Heiles freu’n,
im Tode vereint alle Brüder sein! –

die Seele im himmlischen Streben,

wird aufsteh’n zum ewigen Leben!

 




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