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(Friedrich Gauermann „Scheibenschießen im Passeyertal“)

Auf, auf! durch das Tirolerland
eilt ach! – die Schreckensmäre
daß Innsbruck durch Franzosenhand
in Schmach gefallen wäre!
Weh uns! – Verrat! – wie trauern nun
des Reichs getreue Söhne!
Vernimm, Tyrann Napoleon
der Klagen bittre Töne!

Doch sieh! – In des Gebirges Mark
beim Sandwirt zu Passeier
da lebt, im Glauben treu und stark
des Vaterlands Befreier.
Ein wackrer Mann mit rechtem Sinn
das war Andreas Hofer,
und sandte gegen Innsbruck hin
des Berges tapf
re Schäfer!

Der wackre Hofer, kampfgerecht
beim Abschied tritt zum Weibe;
„Hör’ wenn“, gebeut er, „im Gefecht 
ich auf der Walstatt bleibe,
so warte unsrer Kinder recht
gedenke stets der Armen;
denn nur bei Gott ist Treu und Recht
beim Herren nur Erbarmen!“ 

Des Landes wackrer Schützenhauf
durch Fels- und Gletscherfluren
eilt hurre hopp! – in raschem Lauf
auf steiler Pässe Spuren!
Im Abendrot erglänzt das Tal,
es leuchten alle Höhen
als sie vom Berg zum ersten Mal
auf Innsbruck niedersehen!  
 
„Ach Gott, du mein Tirolerland“,
klagt Hofer unter Tränen,
„wie mag in feiger Knechteshand
dich nach der Freiheit sehnen!“
Und siehe, ha! – die wackre Schar
drängt mutig vor, wo eben
aus flachem Grund, sich wunderbar
des Isels Höhn erheben!

Die Kunde dringt im Sturmgebraus
in aller Brust und Ohren;
dringt hurre! – in des Landmanns Haus:
Der Hofer vor den Toren!
Hurra! – Hurra!
eilt Frankreichs Macht
zum Kampf sich zu bereiten
zieht vorwärts, wo in wilder Schlacht
der Heimat Scharen streiten!

Wild tobt der Streit! Schon neiget sich
der Tag, die Schwerter klingen,
des Feindes Arm rast fürchterlich!
doch sieh! – in blut’gem Ringen
sprengt der Passeier Schützenchor
zuletzt des Feindes Haufen!
Dringt wider die Besiegten vor:
sie hasten, rennen, laufen!
 
Und Sieg! so hallt der Schlachtenruf
jetzt über alle Höhen
hell donnern Büchs und Rossehuf,  
die Feinde rings entfliehen!
Im Lande hört man auf und ab
der Freude Wogen schallen:
zerbrochen der Tyrannenstab,
des Feindes Joch gefallen!
 
Doch bald beginnt im fernen Wien
der Kaiser zu ermüden;
kniet vor des Korsen Banner hin
und schließt mit Frankreich Frieden!
O mein Tirol! so bist du nun
den Schächern preisgegeben!
Es trachten, welche Übles tun
dir nach dem freien Leben!

Der Hofer, der dem Lande war
wie ein geliebter Vater
er muß nun schändlich fliehen gar
und fürchten den Verräter!
Mit Weib und Kind, zur nächt’gen Stund

birgt er sich vor den Häschern
auf einer Alp im Bergesgrund
am Saum von Eis und Gletschern!

Doch ach! im Dunkeln schleichet schon
der finstere Verräter
Husch! – heimlich nach Meran davon,
der böse Übeltäter!
Es scheut der arge Bube nicht
des Himmels Legionen,
beschwört des Vogtes Blutgericht
des Hofers nicht zu schonen.

Ei, Raffl heißt der Bösewicht
der mit verruchter Ränke
„Hört“, also zu den Häschern spricht,
„vernehmet, was ich denke:
hoch droben auf der Alpe gar
in einer Schäferhütte
da haust der falsche Bube, ha! 
in der Gemeinde Mitte!“
 
Und der Verruchte, sonder Ehr

huhu! – um schnöden Gulden
die Rotte führt, mit blanker Wehr
zu dem, der ohne Schulden.
Den Hofer in des Berges Hut
ihn bringen sie zu Schanden
sie trachten nach des Ärmsten Blut
und schlagen ihn in Banden!

Hört ach! – zur Feste Mantua
da sollt’ der Hofer sterben;
sollt’ knieen vor der Schützenschar
zum Tod bereit, dem herben.
Da tritt der Hauptmann schon herbei
das Haupt ihm zu verhüllen;
„Vernehmt“, ruft jener stolz und frei
„des Hofers letzten Willen!“
 
„Der ist“, spricht er, „kein rechter Mann
der aufrecht und im Stehen
den Tod nicht fest erwarten kann,
ihm frei ins Auge sehen!“
Die Binde gibt er ihm zurück,
des Vaterlands Befreier
und ruft mit kühnem Heldenblick:
„Wohlan! Nun gebet Feuer!“

Der Hauptmann tut, wie ihm gebührt
und die Musketen blinken;
die Grenadiere, tief gerührt
sehn Hofern niedersinken.
Doch ach! – die Kugel traf nicht recht,
die Heldenbrust, die hehre:
„Weh mir!“, ruft er, „wie schießt ihr schlecht!“
Auf, hebet die Gewehre!

Horch da! – Horch da! – Die Salve kracht!  
O wie die Mauern beben!
Zu Mantua durch Feindesmacht
erlosch des Hofers Leben!
Doch jeder wußte, daß ein Held
mit ihm war hingegangen,
dem tausend Herzen dieser Welt
in treuer Liebe klangen!




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