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Horch, was klingt da her vom Strande?
Horch, was klingt da her vom Strand,

Kriegsgewühl im Dünensand

Kampfgetöse rings im Lande!

Meeresbrausen, Schwerterklänge
Erzgeklirr und Schlachtgesänge

irren um das Drachenschiff
das dort schwankt am düstern Riff!

Fremde Küsten zu bekriegen
schifft sich ein das Dänenheer,
eilt die Flotte übers Meer
Schwedens Völker zu besiegen!
Fürchterlich die grimmen Blicke
schleudernd von des Drachens Brücke
schreitet wild, mit wirrem Haar

Dänenkönig Waldemar!

Eisenstarrend ziehn die Horden
übers Meer auf flücht’gem Kiel
wo der Krieger blut’ges Ziel
hei! – in rascher Fahrt gen Norden!
Sieh, die Drachen eilen schnelle
über die empörte Welle!
Sieh, die Drachen eilen schnell

über den Tritonenquell!


Stunden fliehen und Minuten;
schließlich, an des Meeres Rand

Gotlands wilder Felsenstrand
sieh! – entsteigt der Ostsee Fluten!
Dräuend itzt die grimmen Drachen
ankern in der Bucht, der flachen,
schwärmend fällt der Hauf ins Land
und versendet Mord und Brand!

Auf der Meute blut’gen Spuren
nichts als Tränen, Blut und Not
ihrem Rasen folgt der Tod,
Krähenschwärme in den Fluren!

Endlich dräun den Dänenscharen
mannigfaltige Gefahren:
Visborgs Feste, Gotlands Schutz
bietet ihrem Wüten Trutz!

Waldemar, der Dänenkönig
Atterdag, so nennt man ihn
sendet zu den Türmen hin
die dem Feinde untertänig.
„Hört, Verfluchte“, läßt er künden,
„wollt ihr bei mir Gnade finden
wißt, daß ihr drei Fässer Gold
bis zum Rande schöpfen sollt!“

„Klugen Rat will ich euch geben“,
spricht er, „nach drei Tagen Frist
sind die Fässer leer, so wißt
daß verwirkt ist euer Leben!“

Des erschraken ungeheuer
alle, guter Rat war teuer;
doch die wackre Bürgerschar
trotzte mutig der Gefahr!

Des entbrennt der Dänenkönig

rasend nun in heißer Wut
und in seines Grimmes Glut
schont der trotz’gen Stadt er wenig:
mit Geschütz und Schwert und Feuer
wütet er gar ungeheuer
rennt und feuert drauf und dran!
Ach, und kommt doch nicht voran!

Doch indes, nach manchen Tagen
wo vergeblich das Bemühn
um die mächt’ge Feste schien
müßig waren Kampf und Plagen,
wird dem Dänenkönig bange
und besteigt in raschem Drange
seinen rabenschwarzen Rapp –
reitet nächtens, trapp, trapp, trapp

einsam hin an Visborgs Mauer
die da liegt im Mondenschein
still, verlassen und allein –
ganz vergrämt in bittrer Trauer!
Und er reitet um die Wälle
rings umher in Mondeshelle
mit dem Rosse, trapp, trapp, trapp
öde Mauern auf und ab –

Da erspäht mit jähem Schauer

in dem Mondstrahl, silberbleich
eine Jungfrau engelsgleich
itzt der König auf der Mauer!
Hagedorn umflicht die Wälle
Heckenrosen schimmern helle;
er traut seinen Augen kaum
wähnt, er sei in einem Traum!

Doch da beugt sich jenes Wesen
lieblich vom bemoosten Turm
neigt ihr Herz ihm zu im Sturm
als wär’s nie ein Traum gewesen!
„Edler König“, spricht die Holde

zu dem finstern Schattenbilde,
„was begehrt Ihr? Pst! Sagt an,
so ich Euch nur helfen kann!“

„Ei“, sinnt da der Dänenkönig,
„holdes Fräulein Engelsschön
nun dich meine Augen sehn
kümmert mich mein Gram nur wenig!
Weißt den Weg du zu ersinnen
einwärts nach der Visborg Zinnen
sollst du meine Kön’gin sein,
dann gelob’ ich dich zu frei’n!“

„Ach, ich Sel’ge“, seufzt die Schöne,
„Königin von Dänemark!
Edler König, groß und stark
traun, wie ich mich nach Euch sehne!
Seht Ihr dort die höchsten Zinnen?
Wenn man dort ein weißes Linnen
Euch zum Zeichen hängen hat –
Stürmt! – und Euer ist die Stadt!“

Triumphierend nun zurücke
sprengt der kühne Waldemar
und die Märe, wunderbar
kündet er von seinem Glücke!
Tags darauf, da sind die Dänen
wohlgewaffnet zu den Zähnen;

als das Zeichen man erblickt
gleich, hurra! – gen Visborg rückt!

Ach, wie bersten Visborgs Pforten
bei der Dänen wildem Sturm
Feuer schlägt aus Dach und Turm,
Weh und Unheil allerorten!
Schwerter klirren, Kämpfer jagen
Kinder weinen, Weiber klagen

Waldemar hält Hochgericht
schont der trotz’gen Schweden nicht!

Auf dem großen Markte, siehe
stellt man rasch drei Fässer auf
treibt zu Paarn den Bürgerhauf
und gibt acht, daß er nicht fliehe!
Mit zerknirschten Demutsmienen
ihren kecken Mut zu sühnen
schleicht herbei der Bürgerstand
füllt die Fässer bis zum Rand!

„Visborgs Stolz hab’ ich gebrochen!“
fällt der grimme Däne ein,
„doch soll es genug nun sein
uns’re Sache ist gerochen!“
Und zuletzt die Bürgerscharen
läßt er noch Gehorsam schwören
zieht drauf mutvoll aus der Stadt
siegreich und des Goldes satt!


Schluchzend, mit betrognem Herzen
sieht die Jungfrau engelsgleich
Königin und Dänenreich
untergehn in bittren Schmerzen!
Drauf die Bürgerschar, mit bösen
Sinnen, greift das arme Wesen
wirft es in den finstren Turm
wie manch armen Erdenwurm.

„Ach, es war doch nur die Liebe,
die zu meinem Herzen sprach“,
seufzt die Ärmste, „arm und schwach
ist das Weib in seinem Triebe!“
Doch die Menge, ohn’ Erbarmen
tuet schändlich an der Armen
kerkert sie im Turme ein
rachevoll, zu ew’ger Pein!

Wie die Alten heut’ erzählen
hat erbarmt der Ärmsten sich
Gottes Gnade, ewiglich
und gerettet ihre Seelen!
Man erzählt, daß steingeworden
dort als Turm im hohen Norden
sie von Visborgs Mauer blickt

allem Leid der Welt entrückt!




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